Scharfe Kritik an der Bahn-Führung Bahn-Management immer stärker unter Druck

Berlin · Viele Verspätungen, technische Probleme und zu wenig Geld: Wegen zahlreicher Baustellen bei der Deutschen Bahn gerät das Management des Staatskonzerns immer stärker in die Schusslinie. „Das ist hier eine einzige Katastrophenveranstaltung“, schimpfte Bahn-Aufsichtsrat Klaus-Dieter Hommel, der auch Vizechef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist.

 Auch der Hochgeschwindigkeitszug ICE ist bundesweit immer häufiger von Ausfällen betroffen. Dem Bahn-Vorstand wird inzwischen Missmanagement vorgeworfen.  

Auch der Hochgeschwindigkeitszug ICE ist bundesweit immer häufiger von Ausfällen betroffen. Dem Bahn-Vorstand wird inzwischen Missmanagement vorgeworfen.  

Foto: dpa/Matthias Balk

„Wenn die Deutsche Bahn ein Autohersteller wäre, wären die Lenkräder hinten montiert und die Räder oben“, sagt Hommel zur „Welt am Sonntag“.

Der Vize-Aufsichtsratsvorsitzende und EVG-Chef Alexander Kirchner warnte vor wachsendem Frust unter den Mitarbeitern. „Nicht wenige denken: Es wird eh nicht besser. Viele Kollegen haben die Hoffnung verloren“, sagte Kirchner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Kollegen in den Zügen und auf den Bahnhöfen sind mit der Wut der Reisenden über Verspätungen direkt konfrontiert. Sie müssen sich permanent für Probleme rechtfertigen, die sie weder verursacht haben noch verhindern können.“

Bahnchef Richard Lutz und Netzvorstand Ronald Pofalla müssen am 15. Januar im Bundesverkehrsministerium Eckpunkte für Maßnahmen zur Verbesserung der Lage vorstellen, um diese dann dem Aufsichtsrat vorzulegen. „Ich erwarte vom Vorstand, dass er nachvollziehbar erklärt, wie der finanzielle Mehrbedarf gedeckt werden soll“, sagte Aufsichtsratschef Michael Odenwald. „Der Vorstand muss jetzt mit dem Eigentümer Bund einen gangbaren Weg erarbeiten und dem Aufsichtsrat in der Sitzung im März ein entsprechendes Konzept vorlegen.“ Die Bahn will nach früheren Aussagen aus eigenen Mitteln in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro zusätzlich in Züge und Schienennetz investieren. Vier Milliarden Euro sind noch nicht finanziert. Der Bund sitzt als Eigentümer auch mit Vertretern im Aufsichtsrat und kontrolliert das Management. „Die Bahn ist über Jahre auf Verschleiß gefahren worden“, sagte EVG-Chef Kirchner. Es fehlen Kapazitäten bei der Infrastruktur, bei den Zügen und beim Personal. Das führt dazu, dass das System allmählich kippt.“

Die Linken im Bundestag rufen nach einer Wiederverstaatlichung. Gewerkschaftschef Kirchner sieht nicht nur den Vorstand in der Pflicht: „Auch die Politik ist verantwortlich für den desolaten Zustand, den wir jetzt haben: Sie hat es über Jahre versäumt, die nötigen Mittel für die Modernisierung der Infrastruktur bereitzustellen.“ Auch Bahn-Mitarbeiter werden immer häufiger Opfer gewalttätiger Angriffe. 2018 wurden alleine in den ersten neun Monaten bereits 1981 Körperverletzungen gemeldet. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 2250.

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