Im Saarland bleibt die Euphorie aus

Saarbrücken/München · Während Konjunkturexperten für die deutsche Wirtschaft einen goldenen Herbst erwarten, sieht es im Saarland trübe aus. Die Schwäche der hiesigen Industrie zieht die Stimmung nach unten.

Der Brexit rückt näher, in den USA-droht womöglich ein unberechenbarer Donald Trump als Präsident, im Nahen Osten herrscht Krieg, und in Europa geraten Banken ins Schlingern - doch die deutsche Wirtschaft scheint von alldem bislang unbekümmert. So optimistisch wie jetzt war man in den Chefetagen deutscher Unternehmen seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Experten wittern einen goldenen Herbst .

Das Münchner Ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut teilte gestern mit, dass das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer überraschend kräftig um 1,0 auf 110,5 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit April 2014 geklettert sei. Dabei war der Ifo-Konjunktur-Index schon im September ungewöhnlich deutlich gestiegen und hatte einen vorübergehenden Dämpfer unmittelbar nach dem Votum der Briten für einen Austritt ihres Landes aus der EU mehr als ausgeglichen.

Jetzt hat sich gezeigt, dass der September-Wert kein vorübergehender Ausreißer war. "Der Aufschwung gewinnt an Fahrt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Vor allem die Investitionsgüter-Industrie berichtet von einer sehr guten Auftragslage", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. "Die Aufträge kommen vor allem aus dem Ausland. Die Exporterwartungen sind sehr stark gestiegen." Im Saarland sieht die Lage jedoch anders aus. Von Euphorie wie anderswo kann hierzulande keine Rede sein. Seit dem Sommer hat die Saar-Wirtschaft an Dynamik verloren. "Dieser Trend setzt sich auch im Herbst fort", folgert die Industrie- und Handelskammer (IHK) aus ihrer aktuellen Umfrage, an der sich rund 300 Unternehmen mit gut 120 000 Beschäftigten beteiligten. Das IHK-Konjunkturbarometer für die gegenwärtige Geschäftslage ist um 2,3 Punkte gefallen und liegt mit 29,9 Zählern nun auf dem niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren. "Hauptgrund dafür ist die schwache weltwirtschaftliche Nachfrage, in deren Folge das für die Saar-Industrie so wichtige Auslandsgeschäft an Schwung eingebüßt hat", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen. Die Saar-Industrie werde ihren Vorjahresumsatz nicht erreichen, prognostiziert er. Denn schon "in den ersten acht Monaten dieses Jahres ist ihr Umsatz um 2,5 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gesunken. Sorge bereitet auch der Rückgang der eingegangenen Aufträge um 7,4 Prozent."

Immerhin blicken die saarländischen Unternehmen etwas optimistischer in die Zukunft, zumindest auf die kommenden sechs Monate. Das entsprechende IHK-Konjunkturbarometer stieg um 0,8 Punkte auf 2,0 Zähler und scheint damit das Sommertief überwunden zu haben.

"Was die Wirtschaft jetzt braucht, ist ein starkes Signal zugunsten des Freihandels", also für den Abschluss des Abkommens der EU mit Kanada, fordert Klingen.

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