Hartes Urteil in USA Im Diesel-Skandal trifft es den ersten VW-Sünder knüppelhart

Detroit · Ungläubiges Schweigen im Gerichtssaal, selbst der Staatsanwalt wirkt konsterniert. Richter Sean Cox kennt beim ersten Urteil gegen einen VW-Mitarbeiter im Abgas-Skandal keine Gnade und geht deutlich über die Forderungen der Strafverfolger hinaus. Der Konzerningenieur James Liang muss für 40 Monate in Haft und 200 000 Dollar Strafe zahlen. Wie ein Häufchen Elend fällt er auf der Anklagebank in sich zusammen, die Ehefrau bricht hinter ihm in Tränen aus, daneben mit versteinerten Mienen die Töchter und der Sohn.

 Drei Jahre Haft, 200 000 Dollar Strafe: VW-Ingenieur James Liang wurde in den USA verurteilt.

Drei Jahre Haft, 200 000 Dollar Strafe: VW-Ingenieur James Liang wurde in den USA verurteilt.

Foto: dpa/Virginia Lozano

Mit dem ersten Urteil gegen einen VW-Mitarbeiter beginnt im Abgas-Skandal ein neues Kapitel. Nachdem Volkswagen die „Dieselgate“-Affäre auf Konzernebene mit Milliarden-Vergleichen zumindest in den USA weitgehend abhaken konnte, sollen dort nun die verantwortlichen Menschen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Fall „Vereinigte Staaten von Amerika gegen James Robert Liang“ taugt dazu allerdings nur bedingt. Die Drahtzieher vermuten die Strafverfolger woanders, was Richter Cox jedoch wenig beeindruckt.

Die Staatsanwaltschaft hatte lediglich eine dreijährige Haftstrafe und 20 000 Dollar Bußgeld für den 63 Jahre alten Dieselexperten gefordert, der seine gesamte 35-jährige Berufskarriere lang für VW tätig war. Zugleich machte sie in ihrem Plädoyer deutlich, dass sie Liang nicht für das „Mastermind“ im Abgas-Skandal hält. „Er saß weder in den Vorstandsetagen von VW, wo die Betrugs-Software diskutiert wurde, noch hat er andere am kriminellen Komplott Beteiligte im Unternehmen angewiesen oder beaufsichtigt.“ Doch Richter Cox lässt sich davon nicht abhalten, er wollte ein Exempel mit hoher Abschreckungswirkung statuieren. „Sie waren eine Schlüsselfigur bei einem sehr ernsten und bedenklichen Verbrechen“, sagt er dem Angeklagten ins Gesicht. „Ich sehe Ihre Familie in der ersten Reihe und es fällt mir nicht leicht.“ Doch Liang und seine Mitverschwörer bei VW hätten mit ihren Vergehen das Vertrauen der US-Verbraucher und damit das Fundament der US-Wirtschaft unterminiert. Deshalb sei die harte Strafe nötig. Liang hatte im September 2016 ein Geständnis abgelegt – rund ein Jahr, nachdem VW unter dem Druck der US-Umweltbehörden zugab, mit einer illegalen Software in großem Stil Abgastests von Dieselautos manipuliert zu haben. Seitdem kooperierte der Familienvater als eine Art Kronzeuge mit den US-Behörden. Deshalb lag die Strafe deutlich unter dem theoretisch möglichen Höchstmaß von sieben Jahren Haft und einer Geldbuße bis zu 400 000 Dollar.

Das harte Urteil wirft die Frage auf, welche Strafe erst für Liangs Hintermänner vorgesehen sein mag. Vorerst bleibt es dabei: Im größten Skandal der Konzerngeschichte muss als erstes ein relativ kleines Rädchen im VW-Getriebe dran glauben.

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