Im Bett mit Falstaff

Saarbrücken · Am Samstag feiert Verdis Oper „Falstaff“ am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken Premiere. Den Falstaff singt Bariton Olafur Sigurdarson. Und wie Falstaff schätzt er den Genuss – nur anders.

 Für Olafur Sigurdarson ein Kompliment, dass sein eigener Bauch für den Falstaff nicht reicht. Foto: Björn Hickmann/Staatstheater

Für Olafur Sigurdarson ein Kompliment, dass sein eigener Bauch für den Falstaff nicht reicht. Foto: Björn Hickmann/Staatstheater

Foto: Björn Hickmann/Staatstheater

Den Letzten genießt er nochmal besonders. Dann ist Schluss, bei Nummer fünf. Schwer für einen "harten Kaffeetrinker", wie er sich selbst bezeichnet. Aber zu viel Kaffee trockne eben die Stimme aus. Und die ist sein Instrument, sein Kapital, sein höchstes Gut. In ein paar Stunden muss sie funktionieren. Volle Power. Volle drei Stunden lang. Noch lehnt er sich entspannt im Sessel zurück, bevor er auf der Bühne des Staatstheaters zu Rigoletto wird.

Nicht die einzige Rolle, auf die sich Olafur Sigurdarson zurzeit konzentriert. Am Samstag steht die Premiere von Verdis "Falstaff" an. Auch in diesem Stück gibt der Opernsänger der Titelpartie Falstaff seine Stimme. "Falstaff ist eine sehr schwere Rolle, stimmlich eine Herausforderung. Ich muss mit so vielen Farben spielen", sagt der 47-jährige Isländer, der seit 2007 zum Ensemble des Staatstheaters gehört.

Falstaff ist ein großer, dicker Ritter, der gerne genießt. Und das maßlos. Er (fr)isst ohne Ende, säuft hemmungslos. "Eigentlich macht er alles falsch", sagt sein Darsteller und lacht, "wenn man so leben würde wie er, wäre die Krankenkasse nicht glücklich. Ich selbst bin, Gott sei Dank, noch kein Falstaff." Natürlich habe er es früher auch gerne mal krachen lassen. Die Kombination Alkohol und Singen passt aber nicht zusammen. Das merkte er schnell. Seitdem gibt er auf seinen Körper acht.

Falstaff nimmt er dennoch in Schutz. "Er lebt so exzessiv, weil er diese große Lust am Leben verspürt, er will glücklich sein, mit Freunden feiern." Und da spricht das herzliche Nordlicht auf einmal nicht mehr nur über seine Rolle Falstaff, sondern auch für Olafur. Nur dass der eben anders genießt. Kein Gasthaus, kein Alkohol, ja schon beim Kaffeegenuss ist Disziplin angesagt. Was Sigurdarson aber glücklich macht, sind sein Garten und sein Grill. Wenn die ganze Familie zusammenkommt, wird nach traditionell isländischer Küche gekocht. Lange Zeit in der Erde konservierter Hai kommt dann auf den Tisch. "Beim Essen tränen uns manchmal die Augen, weil der Fisch fast so streng wie Ammonik schmeckt", sagt er und lacht. "Möge hässlich klingen für euch Deutsche", sagt der Sänger mit seinem charakteristisch isländischen Akzent.

Den kulinarischen Einbürgerungstest für Neu-Saarländer haben die Sigurdarsons aber trotzdem bestanden. Mit Bravour. "Dass ein eigener Schwenker ein Muss für einen Saarländer ist, haben wir schnell gelernt." Also hat er direkt einen angeschafft. Und was kommt auf den Rost? Hähnchenfleisch und Merguez, dazu ein guter Salat. Sigurdarson genießt lieber in Maßen. Seine Figur dankt es ihm wohl. Das größte Kompliment für einen Sänger mittleren Alters, wie er sagt, sei, wenn die Kostümbildner noch kräftig nachhelfen müssen, damit Bauch, Brust und Hintern fetter werden, wie bei Falstaff.

Über den Tag Proben für "Falstaff", abends "Rigoletto" und am nächsten Morgen wieder "Falstaff"-Proben - so sehen typische Arbeitstage Sigurdarsons aus. "Ich singe fast 24 Stunden am Tag, entweder mit der Stimme oder mit dem Kopf." Neue Partien lernen, alte wiederholen. Drei verschiedene Partien in der Woche auf verschiedenen Bühnen. Alltag für einen erfolgreichen Bariton. "Ich bin manchmal, ganz ehrlich, wie ein Bekloppter." Beim Kochen fange die Stimme plötzlich an zu singen. Oder manchmal sprudele es einfach auf der Straße aus ihm heraus. "Vor 15 Jahren waren mir die komischen Blicke der Leute noch unangenehm. Heute ist mir das völlig egal", sagt er selbstbewusst. Egal kann es ihm auch sein. Seiner ruhigen, klaren Stimme zuzuhören, ist selbst wenn er nur redet, angenehm.

Der Isländer sieht sich an einem guten Punkt in der Karriere. All die großen Bariton-Partien will er singen. Und dafür sehe es gut aus, meint er. "Wenn der ‚Fliegende Holländer', ‚Rigoletto' und ,Falstaff' immer wieder in meinem Kalender stehen, bin ich glücklich." Damit das noch lange so bleibt, begleiten ihn die Libretti überall hin. Auf Reisen im Koffer. Aber auch ins Schlafzimmer. Außer seiner Frau schlafen neben ihm auch Falstaff und Rigoletto. "Bösewichte", für die ihr Darsteller aber ein großes Herz hat.

Premiere am Samstag, 11. Juni, 19.30 Uhr, im Großen Haus des Staatstheaters Saarbrücken. Karten unter

Tel.: (06 81) 3 09 24 86

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