Hört auf mit der Diskriminierung

Sie spielte als Jugendliche in ambitionierten Filmen wie „Hard Candy“ oder „Juno“ (wofür sie eine Oscar-Nominierung erhielt). Aber auch Auftritte in Popcorn-Spektakeln („X-Men“, „Inception“) und in Woody Allens „To Rome With Love“ gehören zum Repertoire von Ellen Page (29). Für Schlagzeilen sorgte die Kanadierin 2014, als sie sich auf einer Konferenz der Human Rights Campaign öffentlich als lesbisch outete. Als lesbische Partnerin von Julianne Moore tritt Page nun in „Freeheld“ auf (ab Donnerstag in der Camera Zwo, Sb), der wahren Geschichte um die Polizistin Laurel Hester, die im Zeichen einer schweren Krankheit ihre Pensionsansprüche an ihre Lebensgefährtin übertragen möchte. Ihr Kampf um Gleichberechtigung gilt als Meilenstein zur Legalisierung der Homo-Ehe, die im Juni 2015 vor dem höchsten US-Gericht bestätigt wurde. SZ-Mitarbeiter Dieter Oßwald sprach mit Page.

 Laurel Hester (Julianne Moore, links) und Stacie Andree (Ellen Page).

Laurel Hester (Julianne Moore, links) und Stacie Andree (Ellen Page).

Foto: Universum Film

Ihr Outing 2014 hat für Schlagzeilen gesorgt. Ihrem Beispiel sind aber nicht viele gefolgt.

Page: Es gibt heute sehr viele Schwule und Lesben, die sich zu ihrer sexuellen Orientierung ganz offen bekennen - allerdings gibt es noch immer nur wenige Schauspieler, die das ebenfalls tun. Ich selbst habe das viele Jahre verschwiegen, weil ich Angst hatte, danach keine Rollen mehr zu bekommen. Doch die Situation verändert sich. Je mehr Menschen sich outen, desto besser wird die Lage werden.

Hat sich Hollywood mittlerweile tatsächlich verändert?

Page: Hollywood hat sich auf alle Fälle verändert. Das betrifft nicht nur die Akzeptanz von schwulen und lesbischen Schauspielern, es werden auch mehr Transgender-Geschichten im Kino erzählt. Der Weg ist allerdings noch weit, denken Sie nur an den geringen Anteil von afro-amerikanischen Schauspielern oder Themen.

In "Freeheld" spielen Sie Stacie Andree, Partnerin der Polizistin Laurel Hester. Fällt Ihnen der Zugang zu einer lesbischen Figur leichter?

Page: Ich habe natürlich eine besondere Beziehung zu einer Geschichte, in der zwei Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung als zweitklassig behandelt werden. Es ist erschütternd, wenn ihre Liebe als minderwertig deklariert wird.

"Freeheld" hat viele humorvolle Momente. Welche Rolle spielt Komik bei einem Film über Krankheit und Tod?

Page: Die Gratwanderung ist letztlich Regisseur Peter Sollett zu verdanken. Ein wichtige Funktion hat dabei der Aktivist, der von Steve Carell gespielt wird: Dieser Steven Goldstein ist ein sehr leidenschaftlicher Mann. Carell ist dafür die ideale Besetzung. Er hat mehr Comedy-Timing in seinem kleinen Finger als wir alle zusammen. Solche Momente sind ideal, um dem Publikum zwischendurch so was wie eine Pause zu gönnen. Das gilt auch für die Szene, in der ich Julianne Moore die Haare abschneide. Das ist ein dramatischer Moment, aber wir wollten das nicht so spielen. Also blödeln wir herum, wie man es eben in einer Liebesbeziehung tut, wenn man die andere aufmuntern möchte.

Kino kann nur selten die Welt verändern. Was könnte dieser Film bewirken?

Page: Wir hoffen, dass ihn auch Leute sehen, die das Problem in seiner Tragweite bisher vielleicht nicht richtig verstanden haben. Vielleicht haben sie selbst eine lesbische Tochter und wissen nicht mit ihr umzugehen. Wenn man die realen, zerstörerischen Effekte von Diskriminierung durch eine zärtliche Liebesgeschichte erzählt bekommt, dann bewegt das die Leute hoffentlich.

Seit Ihrem Coming-out sind Sie gleichsam zur Sprecherin für schwule und lesbische Anliegen geworden. Ist es nicht ermüdend, darauf reduziert zu werden?

Page: Es ist eigentlich schon bezeichnend, wenn alles, was ich mache, über meine Sexualität verstanden wird. Erst wenn eine junge Schauspielerin bei ihrem Coming-out nicht mehr das Gefühl hat, eine Rede vor großem Publikum halten zu müssen, sondern wenn sie einfach unhinterfragt existieren kann wie jede Hetero-Person auch, dann sind die Zustände in Ordnung. Aber lieber rede ich ununterbrochen davon, als mich noch einmal so elend zu fühlen wie früher.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie neuen Filme der Woche: Das Saarbrücker Filmhaus zeigt "Ixcanul - Träume am Fuße des Vulkans" von Jayro Bustamante. Mit atmosphärischen Bildern fängt der Regisseur das Leben der Indio-Bauern in Guatemala ein. In der Camera Zwo (Sb) läuft das deutsch-dänische Drama "Unter dem Sand" an. Regisseur Martin Zandvliet vermittelt mit psychologischer Genauigkeit, wie ein dänischer Offizier sein Feindbild gegenüber deutschen Kriegsgefangenen überwindet. Die Camera Zwo zeigt auch die eindrückliche Doku "Ein letzter Tango". German Kral beschäftigt sich in exzellent eingefangenen Tanzszenen mit der Geschichte eines argentinischen Tango-Paares. Ebenfalls visuell gelungen ist "The Huntsman and The Ice Queen" von Cedric Nicolas-Troyan, der ab Donnerstag in mehreren Kinos anläuft. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort