„Nicht nur für Geringverdiener“ Rufe nach höherem Kurzarbeitergeld werden lauter

Osnabrück/Berlin · In der großen Koalition mehren sich die Stimmen für eine spürbare Anhebung des Kurzarbeitergelds in der Zeit der Corona-Krise. „Nicht nur für Geringverdiener, auch für Facharbeiter bedeutet Kurzarbeit einen erheblichen Einbruch“, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der Neuen Osnabrücker Zeitung.

 Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales

Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales

Foto: dpa/Kay Nietfeld

„Deswegen suchen wir in der Regierung und mit den Sozialpartnern intensiv nach einer Lösung.“ Die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die staatlichen Zuschüsse von 60 auf 80 Prozent der Nettoeinbußen (87 Prozent bei Arbeitnehmern mit Kindern) für die Monate Mai, Juni und Juli aufzustocken, nannte Heil „plausibel“. In den Beratungen gehe es darum, „wie wir Kaufkraftverluste ausgleichen können, wenn die Krise fortdauert“.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sprach sich dafür aus, „die Sache genau“ zu prüfen. „Ich bin sehr offen dafür, dass wir überlegen, wie wir den Menschen mehr Geld lassen können auch bei der Kurzarbeit.“ Es müsse aber verkraftbar sein. Wichtig sei, dies zusammen mit Steuersenkungen zu diskutieren.

Kurzarbeit gilt als probates Mittel für Unternehmen, um einige Wochen oder Monate der Flaute zu überbrücken, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Betroffene Beschäftigte erhalten 60 Prozent – mit Kindern im Haushalt 67 Prozent – des Nettoverdienstausfalles von der Bundesagentur für Arbeit. In einigen Branchen stocken die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aber nach tariflichen Vereinbarungen auf. Aus der Politik waren zuletzt Forderungen laut geworden, das Kurzarbeitergeld als staatliche Leistung zu erhöhen – nach Wunsch der Grünen bei kleineren Einkommen auf bis zu 90 Prozent des Nettoausfalls.

Christian Bäumler, stellvertretender Bundesvorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels, fordert deutliche Verbesserungen. „Arbeitnehmern, die nicht durch Tarifverträge abgesichert sind, droht bei Kurzarbeit null der soziale Absturz. Die Folge wäre eine wirtschaftliche Abwärtsspirale“, sagte er dem Handelsblatt. Er befürworte eine auf sechs Monate befristete Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent des Nettoeinkommens. „Zusätzlich sollte ein Mindestkurzarbeitergeld in Höhe von 1200 Euro eingeführt werden, um Geringverdiener gezielt zu unterstützen“, sagte Bäumler.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnte vor wachsender Armut durch Kurzarbeit und forderte ebenfalls eine höhere Leistung. Insbesondere in Branchen wie der Gastronomie und in Friseursalons, wo Beschäftigte zum Teil auch von den Trinkgeldern lebten, sei die Not groß, sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Augsburger Allgemeinen. „Hier besteht die Gefahr, dass Menschen millionenfach in das ­Hartz-IV-System reinrutschen.“ Werneke verwies auf die Beitrags-Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit: „Diese rund 26 Milliarden Euro wurden von den Beitragszahlern finanziert. Das ist kein Steuer- oder Gottesgeschenk.“

FDP-Experte Johannes Vogel lehnte es in der Tagesschau dagegen ab, eine pauschale Anhebung zu fordern, ohne über die jeweiligen Daten aus den Branchen und die entsprechenden Einkommensverluste zu verfügen.

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