Bund wehrt sich gegen Kritik Neue Diskussionen zum geplanten Lieferkettengesetz

Bonn · Deutsche Firmen sollen künftig überprüfen, wie im Ausland hergestellte Produkte entstanden sind. Der Bund verteidigt die Pläne gegen Kritik aus der Wirtschaft.

  Näherinnen in Bangladesch fertigen – häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen und für Hungerlöhne – Textilien für den deutschen Markt.

Näherinnen in Bangladesch fertigen – häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen und für Hungerlöhne – Textilien für den deutschen Markt.

Foto: picture alliance / Doreen Fiedle/Doreen Fiedler

Der CDU-Politiker Hermann Gröhe hat die Pläne zu einem Lieferkettengesetz gegen Kritik aus der Wirtschaft verteidigt. „Niemand will eine Gesetzgebung, die Investitionen verhindert und Unternehmen Garantien abverlangt, die sie nicht erfüllen können“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag. Gröhe warf Unternehmensverbänden vor, sie trügen zur Entmutigung bei, indem sie „Zerrbilder“ der geplanten Regelung propagierten.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten im Dezember Pläne vorgestellt, wonach deutsche Firmen gegebenenfalls dafür haften müssen, wenn ihre ausländischen Partner Mindeststandards bei Menschenrechten und Umweltschutz missachten. Wirtschaftsverbände kritisieren, dass den Unternehmen Bedingungen zum Nachweis ihrer Lieferketten auferlegt würden, die sie nicht erfüllen könnten.

Gröhe verwies auf der Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Bundes Katholischer Unternehmer in Bonn darauf, dass es darum gehe, schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Sklaven- oder Kinderarbeit in Bergwerken zu verhindern. Der Nachweis von Lieferketten sei in der Arzneimittelindustrie bereits problemlos möglich. Dort gebe es sehr genaue Regulierungen.

Wenn die Wirtschaft die Frage der Lieferkette nicht regele, könne daraus letztlich auch ein Reputationsschaden entstehen, gab der Christdemokrat weiter zu bedenken. „Es ist mit erheblichem Risiko verbunden.“ Aus diesem Grund hätten sich bereits viele Unternehmen für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen, darunter Nestlé, Kik und Tchibo.

Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, appellierte an international agierende Unternehmen, nicht zu warten, bis der Staat sie zum Handeln zwinge. „Die Wirtschaft sollte sie selber entwickeln und sie auch flächendeckend umsetzen“, forderte sie. Wenn der Staat eingreifen müsse, könne es möglicherweise zu Regelungen kommen, die nicht praxisnah genug seien. „Und wir haben auch verloren, weil wir womöglich unseren Staat und sein Parteiensystem mit der Umsetzung überfordern.“

Grundlage für das geplante Lieferkettengesetz ist der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte aus dem Jahr 2016. Falls weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bis 2020 der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, wird „die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen“, heißt es darin. Unter Federführung des Auswärtigen Amtes laufen derzeit Umfragen zur Selbsteinschätzung deutscher Unternehmen.

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