Saar-Startup „Ghostbuster“ machen Verkehr sicherer

Saarbrücken · 2200 Meldungen über Geisterfahrer gab es nach Angaben des ADAC 2016 in Deutschland. Drei Saar-Studenten wollen nun Abhilfe schaffen.

 Die Studenten Benjamin Kirsch, Daniel Gillo und Julian Neu (von links) haben ein System entwickelt, mit dem sie über Sensoren in Leitpfosten Falschfahrer erkennen können.

Die Studenten Benjamin Kirsch, Daniel Gillo und Julian Neu (von links) haben ein System entwickelt, mit dem sie über Sensoren in Leitpfosten Falschfahrer erkennen können.

Foto: Rich Serra

Es ist der Horror eines jeden Autofahrers. Auf der Autobahn kommt einem ein Geisterfahrer entgegen, während man selber mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist. Trotz auffälliger Beschilderung geraten immer wieder Fahrer auf die Gegenfahrbahn – 2200 Meldungen über Falschfahrer hat der ADAC im vergangenen Jahr gezählt.

Diese Zahl könnte sich verringern, geht es nach drei Studenten der Saarbrücker Universität. Sie haben einen Leitpfosten entwickelt, der Geisterfahrer erkennen kann.

„Die Busfahrer haben am Anfang immer gedacht, wir würden sie blitzen“, sagt der 26-jährige Daniel Gillo aus Saarlouis lachend, als die drei mit Laptop in der Hand neben ihrem Leitpfosten sitzen und für die Demonstration auf ein Auto warten. Gillo studiert ebenso wie seine Kollegen Ingenieurwissenschaften. Alle drei haben im Bachelor „Mikrotechnologie und Nanostrukturen“ studiert, sind in ihrem Studium aber unterschiedlich weit. Der 26-jährige Benjamin Kirsch aus Merchweiler hat den Bachelor gerade erst in der Tasche, während Gillo bereits den Master abgeschlossen hat. Julian Neu, 24 Jahre alt und aus Wallerfangen, legt nun eine Pause in seinem Masterstudium ein. Denn die drei wollen mit ihrem Projekt jetzt richtig durchstarten.

„Ghostbuster“ nennen sie das Projekt, auf dessen Idee sie gemeinsam gekommen sind – nach einer Vorlesung. Die Idee klingt einfach: Ein mit Sensoren gespickter Leitpfosten erkennt, wenn ein Auto in der falschen Richtung auf die Autobahn auffährt. Wahlweise leuchten dann Warnanzeigen auf oder die Polizei wird per SMS benachrichtigt. Beim Prototyp der drei Studenten blinken LEDs an einem Warnschild – in dieser Form ist es aber nur für die Demonstration geeignet.

In ihrem gemeinsamen Büro auf dem Campus haben die drei das Projekt vorangetrieben. Herausgekommen ist ein High-Tech-Leitpfosten, vollgestopft mit Sensoren, die die Falschfahrer entlarven sollen. Viele der Kunststoffteile für den Prototyp sind im 3D-Drucker in ihrem Büro entstanden, die technischen Komponenten sind gekauft und passend zusammengebaut.

Kernstück sind zwei Bewegungssensoren. „Die haben eine Reichweite von etwa acht Metern und sind sehr empfindlich“, erläutert Gillo. Sie sollen die Falschfahrer erkennen. Aber wegen ihrer Em­pfindlichkeit reagieren die Sensoren nicht nur auf Autos – auch Blätter im Wind hätten sie bei Tests auf dem Campus schon ausgelöst, ergänzt Gillo. Um zu verhindern, dass beispielsweise Rehe den Alarm auslösen, steckt zusätzlich ein Mikrofon in dem Leitpfosten. Ein vorbeifahrendes Auto erzeuge ein ganz bestimmtes Geräuschmuster, erläutert Neu. Probleme könnten bei lauten Hintergrundgeräuschen entstehen. „Aber wir haben noch mehr Ideen in der Entwicklung“, sagt Kirsch.

Die Polizei hat den drei Studenten der Ingenieurwissenschaft bereits geholfen. „Sie haben uns gezeigt, wie es bei ihnen aussieht und wie Meldungen eingehen könnten“, erläutert Kirsch. Und auch das Verkehrsministerium habe sich „sehr begeistert“ gezeigt. Doch bevor das System flächendeckend zum Einsatz kommt, gibt es noch viel zu tun. Das Ziel: „Es soll preisgünstig sein und die Leitpfosten sollen einfach ausgetauscht werden können“, erklärt Gillo. Außerdem arbeiten die drei noch an der Zuverlässigkeit – und daran, das Modell wetterfest zu machen. Ein Problem haben sie bereits gelöst: Das System versorgt sich über eine Solarzelle sowie einen Akku mit dem benötigten Strom.

Ein Jahr haben die drei jungen Männer nun Zeit, ihr System zu perfektionieren. Denn sie haben sich erfolgreich um ein Exist-Gründerstipendium beworben. Damit können sie eine Startup-Firma auf den Weg bringen. Das Stipendium finanziert neben Gehältern und Geld für Coaching auch noch Sachmittel in Höhe von 30 000 Euro. Neben der technischen Weiterentwicklung entsteht auch ein Business-Plan: Was soll der Pfosten später in der Produktion kosten? Wer sind die Abnehmer? Wie lassen sich Vertrieb und Produktion organisieren? Und welche Normen muss er erfüllen, um überhaupt für den Einsatz zugelassen zu werden. Alles Fragen, die die drei Studenten künftig beschäftigen werden. Doch bevor es richtig an die Arbeit geht, steht noch ein Aufenthalt in Peking auf dem Programm. Dort präsentieren Gillo, Kirsch und Neu ihren Leitpfosten beim internationalen Studentenwettbewerb „iCan“. Bei Wettbewerben sind sie längst alte Hasen – mit dem Leitpfosten haben sie schon mehrere Preise eingeheimst.

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