Raiffeisen-Jubiläum Gemüse-Jungpflanzen aus Genossenhand

Lisdorf · Hans-Joseph Lienhard leitet den Raiffeisenhandel in Lisdorf und lebt die genossenschaftliche Idee. Kunden sind längst nicht nur Landwirte.

 Mit Beginn des Frühlings geht auch für Hans-Joseph Lienhard im Lisdorfer Raiffeisenhandel die Saison richtig los.

Mit Beginn des Frühlings geht auch für Hans-Joseph Lienhard im Lisdorfer Raiffeisenhandel die Saison richtig los.

Foto: Ruppenthal

„Es ging um gegenseitige Hilfe“, sagt Hans-Joseph Lienhard über die große Idee des Ahnherrn seines Arbeitsplatzes. Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann führt einen Raiffeisenhandel in Lisdorf bei Saarlouis. Friedrich Wilhelm Raiffeisen, nach dem das Handelsgeschäft benannt ist, war einer der Begründer des genossenschaftlichen Gedankens. Am 30. März 1818 wurde er geboren, vor 200 Jahren. Sein Motto lautete: „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele.“

Lienhard erinnert an die schwierige Lage der Bauern damals. „Landwirte waren früher abhängig von Adeligen und Gutsbesitzern.“ Genossenschaften waren ein Mittel, dieser Abhängigkeit etwas entgegenzusetzen. Die Menschen schlossen sich zu Einkaufsgemeinschaften zusammen. Landwirte wollten so ihre Verhandlungsposition beispielsweise beim Kauf von Dünger oder Saatgut stärken. Konsumgemeinschaften sollten den Preisdruck bei Lebensmitteln senken. Etwa um billiger an Mehl zu kommen, dass dann in einem gemeinsamen Backhaus weiterverarbeitet wurde. Sieben Menschen waren nötig, um eine Genossenschaft zu bilden. Sie „war auch so eine Art Versicherung. Wenn einer krank wurde, waren sechs weitere da, um ihm beizustehen“, erklärt Lienhard den genossenschaftlichen Gedanken. Doch die Landwirte verfügten auch in der Gemeinschaft nicht über genügend Geld. Die ersten Volks- und Raiffeisenbanken halfen da aus, wo den Bauern die finanziellen Mittel fehlten. Sie liehen den Landwirten Geld und ließen sich nach der Ernte auszahlen, und das nicht unbedingt in barer Münze. Auch Naturalien  wurden angenommen.

„100 Jahre später hatte dann so gut wie jeder Ort eine Genossenschaft. Diese haben sich dann im Laufe der Zeit wieder zusammengetan und Dachorganisationen gegründet, die die Bedarfe der Landwirte weiter bündelten“, erklärt der 61-Jährige, der vor 40 Jahren von der Raiffeisenbank angestellt wurde, um den Handel neben der Lisdorfer Bankfiliale zu führen. Zu seiner Anfangszeit gab es noch eine Dachorganisation in Saarbrücken. „Diese war dann bald zu klein und ging in der Raiffeisen-Hauptgenossenschaft Koblenz auf, die wiederum mit der Rheinischen Warenzentrale (RWZ) Köln fusionierte. „Die RWZ ist heute mein Ansprechpartner, wenn es um Dünger geht“, sagt Lienhard.

Die Grundidee der Genossenschaft ist immer noch der freiwillige Zusammenschluss von Menschen, um gemeinsam ein Unternehmen zu führen. Etwa um beim Ein- oder Verkauf von Waren bessere Konditionen zu erzielen. Partizipation, Chancengleichheit und Hilfe zur Selbsthilfe sind dabei der Kern. Dabei beteiligt sich jedes Mitglied mit eigenen Anteilen, die dann das Eigenkapital der Genossenschaft bilden. Für Lienhard steht dabei die Mitbestimmung im Mittelpunkt. Denn unabhängig von den eigenen Anteilen hat jedes Mitglied ein Stimmrecht und damit die Möglichkeit, bei Entscheidungen mitzureden.

Die angebotenen Waren eines Raiffeisenhandels können von Region zu Region stark variieren, je nachdem, was die Menschen vor Ort brauchen. In Lisdorf sei der Gemüseanbau einer der entscheidenden Faktoren. Allerdings sind es nicht mehr nur die Landwirte, die den Raiffeisenhandel nutzen. „Unsere Zielgruppe ist nicht mehr nur das Genossenschaftsmitglied, sondern auch Privatleute“, sagt Lienhard. Neben den Genossen zählen verschiedene Gemeinden und Gartenbaubetriebe und eben Endverbraucher zu seinem Kundenstamm. Für Lienhardt unterscheidet sich sein Geschäft daher kaum von anderen Läden. „Wir wollen alle unsere Kunden als Fachhandel gleich beraten“, sagt er. So findet auch der Hobbygärtner auf der 120 Quadratmeter großen Verkaufsfläche von der Arbeitsschutzkleidung über diverse Gartengeräte und Dünger bis hin zu den unterschiedlichsten Spezialerden und Saatgut alles, was er für sein Beet braucht.

Trotz der Öffnung für verschiedene Zielgruppen sei sein Geschäft immer noch stark saisonal bestimmt, sagt Lienhard. Für Großkunden hält der Markt dann ein 2000 Quadratmeter großes Lager vor, um auch sie bedienen zu können. Bei großen Bestellungen beliefert der Raiffeisenhandel die Kunden auch direkt. Im Frühjahr bedeutet das für Lienhard, Tausende Jungpflanzen bestellen und termingerecht liefern zu müssen. Und diese werden dann von der Vorzucht im Gewächshaus direkt per Lkw zum Landwirt gebracht.

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