Gegen Hürden für Häuslebauer

Saarbrücken · Historisch niedrige Zinsen erleichtern eigentlich die Finanzierung. Doch ein seit März geltendes Bundesgesetz entpuppt sich als Hindernis, klagen Kritiker. Nun fordern Baden-Württemberg, Hessen und Bayern Korrekturen. Was es damit auf sich hat, erklärt dpa-Mitarbeiter Carsten Hoefer in Frage-Antwort-Form.

 Für Rentner ist es schwieriger geworden, an Baukredite zu kommen. Foto: Warnecke/dpa

Für Rentner ist es schwieriger geworden, an Baukredite zu kommen. Foto: Warnecke/dpa

Foto: Warnecke/dpa

Wozu braucht es das Gesetz?

Die weltweite Finanzkrise des Jahres 2008 wurde maßgeblich durch das Platzen der Immobilienblase in den USA ausgelöst. Auch in Großbritannien, Spanien und anderen Ländern gab es Überhitzungen am Häusermarkt. Die EU-Richtlinie soll vermeiden, dass sich Verbraucher bei Immobilienkrediten überheben. Deutschland hatte im März diese EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.

Was schreibt die Richtlinie vor?

Die Banken sollen Immobiliendarlehen nur vergeben, wenn das Einkommen der Kunden zur Abzahlung zu Lebzeiten ausreicht - und zwar über die gesamte Laufzeit des Kredits. Sie dürfen sich nicht darauf verlassen, dass sie im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Kunden dessen Immobilie als Sicherheit haben.

Was werfen Kritiker Justizminister Heiko Maas (SPD ) vor?

Sparkassen und Genossenschaftsbanken klagen, dass das Gesetz die Kreditvergabe dämpfe. Maas sei über das Ziel hinausgeschossen und habe die Richtlinie schärfer ausgelegt als in Brüssel beabsichtigt. Vor allem ältere Menschen und junge Familien hätten zunehmend Probleme, ein Darlehen für die eigenen vier Wände zu bekommen. Dabei kann etwa schon bei Rentnern ein Kredit für einen altersgerechten Umbau des bereits abbezahlten Hauses zum Problem werden, wie Verbraucherschützer beklagen. Oder auch eine Anschlussfinanzierung kann kippen, wenn die Kreditwürdigkeit neu geprüft werden muss.

Und was ist die Folge?

Manche Banken sind zurückhaltender bei der Vergabe von Baukrediten geworden. Denn sie haften, wenn ein Kredit nach der Richtlinie nicht hätte gewährt werden dürfen.Nach Zahlen des Deutschen Sparkassenverbands haben die kommunalen Geldhäuser im ersten Halbjahr knapp neun Prozent weniger Hausbaukredite vergeben als im Vorjahreszeitraum. Und beim Bayerischen Genossenschaftsverband heißt es, dass einige Volks- und Raiffeisenbanken bis zu einem Viertel der privaten Immobilienkreditanträge abgelehnt hätten.

Was sagt das Bundesjustizministerium zu der Kritik?

Das macht die Banken verantwortlich. Einige Häuser seien "sehr restriktiv" bei der Kreditvergabe, heißt es in der Antwort des Ministeriums auf die Kritik der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU ). Die Bundesbank stellte fest, dass nicht alle Banken die neue Vorschrift gleich anwenden.

Baden-Württemberg, Hessen und Bayern fordern nun eine Korrektur des Gesetzes. Was wollen die Länder erreichen?

Eine Entschärfung, um die Vergabe privater Immobilienkredite zu beleben. "Die Bedingungen müssen für normale Menschen noch erfüllbar sein", kritisierte Finanzminister Thomas Schäfer (CDU ). Die Ausfallquote der Volks- und Raiffeisenbanken bei Immobilienkrediten liegt übrigens nur etwa bei 0,5 Prozent. Das bedeutet, dass von 200 Häuslebauern nur einer in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Meinung:

Ein besseres Gesetz muss her

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Im Grundsatz war es ja richtig, Baukredite an strengere Vorgaben zu knüpfen. Die laxe Kreditvergabe hatte schließlich die Finanzkrise wesentlich mit verursacht. Doch das Bundesgesetz ist alles andere als präzise. Banken legen es sehr unterschiedlich aus. Die Angst, für Fehler haften zu müssen, ist groß. Mit der abstrusen Folge, dass junge Familien und Rentner es zunehmend schwer haben, an Baukredite zu kommen. Selbst Anschlussfinanzierungen können zum Problem werden, obwohl der alte Kredit bisher immer bedient wurde. Das Gesetz verfolgt zwar gute Absichten, ist aber schlecht und realitätsfern gemacht. Es muss eindeutiger gefasst und entschärft werden.

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