Erneuerbare Energien auf dem Vormarsch Offshore-Windparks boomen in Frankreich

Paris · Lange vernachlässigt, nimmt der Bau von Windrädern im Meer nun Fahrt auf und schafft inzwischen jedes Jahr viele Arbeitsplätze.

 Allein 2022 will Frankreich mit dem Bau von sieben neuen Offshore-Windparks beginnen, die spätestens 2027 ans Netz gehen sollen. 

Allein 2022 will Frankreich mit dem Bau von sieben neuen Offshore-Windparks beginnen, die spätestens 2027 ans Netz gehen sollen. 

Foto: dpa/Christian Charisius

Über Windräder lässt sich auch in Frankreich herrlich streiten. In Politik-Talkshows gehören hitzige Wortgefechte über erneuerbare Energien längst zum festen Bestandteil. Vor allem konservative Politiker reiten immer häufiger wortreiche Attacken gegen die Partei der Grünen. Bisher wurden „les écolos“ eher als abgehobene Weltverbesserer belächelt, doch seit sie sich auch in Frankreich in mehreren Wahlen als feste politische Kraft gezeigt haben, ist die Unruhe unter den etablierten Parteien groß.

Fakten stehen bei den verbalen Auseinandersetzungen über Windkraft oft nicht an erster Stelle. Meist wird lange und polemisch über die „Verschandelung der Kulturlandschaft“ durch die Windkrafträder doziert. Oder der Ausbau der Anlagen wird generell abgelehnt, weil Frankreich wegen seines sehr großen Anteils an Atomenergie bei der Stromproduktion in der CO2-Bilanz im Vergleich zu anderen Staaten sehr gut dastehe. Fragen nach der Sicherheit der meist sehr alten Reaktoren und des Atommülls werden von Windkraftgegnern generell übergangen.

Inzwischen gehen die Verteidiger der Windkraft in die Gegenoffensive. Eines der stärksten Argumente ist bei solchen Diskussionen auch in Frankreich die Zahl der Arbeitsplätze in einer zukunftsträchtigen Branche. Nun hat das Observatoire des Énergies de la Mer, ein Zusammenschluss verschiedener Firmen zum Ausbau alternativer Energien, eine Studie vorgelegt, die die Wirtschaftskraft allein der Offshore-Windkraftwerke auflistet. Die Ergebnisse sind erstaunlich, weil in Frankreich trotz seiner langen Küsten dieser Bereich bei der alternativen Stromerzeugung praktisch keine Rolle spielt. Inzwischen wird der Bau von Anlagen im Meer allerdings mächtig vorangetrieben, was sich natürlich auf die Zahl der Arbeitsplätze auswirkt.

Nach Angaben des Instituts wurden allein im Jahr 2020 fast 5000 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen, gegenüber 3000 im Jahr 2019. Da sich die großen Anlagen etwa in der Bucht von Saint-Brieuc in der Bretagne noch im Bau befinden, profitieren davon im Moment vor allem Dienstleister und Zuliefererbetriebe. Deren Umsatz sei um rund 170 Prozent auf 833 Millionen Euro gestiegen. Insgesamt wurden der Studie zufolge im vergangenen Jahr rund 1,5 Milliarden Euro in den Sektor investiert, dreimal mehr als im Vorjahr.

Trotz der Probleme während der Corona-Beschränkungen markiere das Jahr 2020 für den Ausbau der Windkraftanlagen im Offshore-Bereich für die französische Industrie einen Quantensprung, erklärt Frédéric Moncany de Saint-Aignan vom Observatoire des Énergies de la Mer und zeigt sich sehr zuversichtlich angesichts der zukünftigen Entwicklung. Im kommenden Jahr soll etwa mit dem Ausbau von sieben neuen Offshore-Projekten an der Küste begonnen werden, die bis 2027 zwischen Dünkirchen und Noirmoutier ans Netz gehen und eine Gesamtleistung von 3,5 Gigawatt haben sollen.

Erhebliches Wachstumspotenzial sehen die Branchenvertreter in der Entwicklung von schwimmenden Pilotanlagen, die sehr weit draußen auf dem Meer installiert werden. Die Verantwortlichen hoffen auch, dass auf diese Weise der bisweilen sehr heftige Widerstand von Küstenanwohnern und Fischern verringert werden kann. Immer wieder gibt es Proteste gegen Windparks, die nur wenige Kilometer vor den Stränden geplant sind.

Wie das Institut betont, profitieren von dem Boom der Windenergie nicht nur die ganz großen Firmen oder ausländische Investoren, die in diesem Bereich bereits mehr Erfahrung haben. Inzwischen würden die kleinen und mittleren Unternehmen vor Ort aus dem Baubereich oder dem Schiffsbau den größten wirtschaftlichen Nutzen ziehen.

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