Arznei Pharma-Unternehmen stark gefordert

Frankfurt · Viele Bundesbürger decken sich aus Angst vor Corona mit Arznei-Vorräten ein. Langsam treten erste Engpässe auf.

Die Pharmahersteller haben die Produktion von rezeptfreien Arzneimitteln erhöht. Der Bedarf ist stark angestiegen.

Die Pharmahersteller haben die Produktion von rezeptfreien Arzneimitteln erhöht. Der Bedarf ist stark angestiegen.

Foto: picture alliance / dpa/Thomas Lehmann

Viele Verbraucher in Deutschland haben sich aus Sorge um das Coronavirus mit Arzneien eingedeckt. Im März zog die Nachfrage nach rezeptfreien Medikamenten stark an und bescherte Pharmaunternehmen eine Sonderkonjunktur. Das berichteten mehrere Arzneihersteller auf Anfrage der Deutschen Presseagentur. Der Ansturm in Apotheken bringt die Logistik teils an ihre Grenzen und befeuert die Debatte um Lieferengpässe von Arzneien.

„In den letzten Wochen mussten wir über unser gesamtes Portfolio hinweg die zum Teil dreifache Bestellmenge bewältigen“, erklärte die Ratiopharm-Konzernmutter Teva am Dienstag in Ulm. Die Nachfrage bei rezeptfreien Arzneien sei vor allem bei Paracetamol-haltigen Mitteln und Vitaminpräparaten viel höher gewesen als sonst. Teva hat in der Produktion die Kapazität erhöht, auch die Logistik arbeitet in drei statt zwei Schichten.

Bayer verzeichnet ebenfalls eine höhere Nachfrage nach Medikamenten – vor allem nach Nahrungsergänzungsmitteln sowie Präparaten gegen Erkältungen und Allergien. Der Ansturm von Verbrauchern in Apotheken hält seit Wochen an. „Die Nachfrage nach Arzneien und die Unsicherheit der Menschen ist hoch“, berichtete der Branchenverband ABDA. Bei Erkältungs- und Schmerzmitteln gebe es viele Präparate verschiedener Hersteller und im Zweifel eine Alternative. Es gebe keinen Grund, Arzneien zu hamstern.

Auch beim hessischen Arzneihersteller Stada war die Nachfrage nach Erkältungsmitteln, darunter Grippostad, um 50 Prozent höher, bei Immunpräparaten dreimal so hoch wie in üblichen Monaten. Auch der Branchenriese GlaxoSmithKline, bekannt für die Schmerzsalbe Voltaren, berichtete von einem Ansturm auf Nasensprays, Nasentropfen und Mittel gegen Halsschmerzen. Beim Absatz gebe es Zuwächse zwischen 30 und 40 Prozent, so der britische Anbieter. Und der französische Hersteller Sanofi erklärte, Verbraucher in Deutschland hätten sich gerade vor den Ausgangsbeschränkungen mit rezeptfreien Arzneien eingedeckt.

„Bei extrem hohen Einzelbestellungen haben wir steuernd eingegriffen, um eine flächendeckende Versorgung über die Zeit sicherzustellen“, teilte Teva mit. Und Stada erklärte, man habe die Vorräte aufgestockt und weltweit über 50 Millionen Euro für zusätzliche Wirkstoffe und die Herstellung von Fertigprodukten investiert. Die Lieferengpässe bei Arzneien haben sich mit der Corona-Krise verschärft, teilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit. Die Behörde verzeichnet 380 knappe Mittel – im November waren es 290. Allerdings gibt es 103 000 zugelassene Arzneimittel in Deutschland. Da es wegen der Pandemie Hamsterkäufe gab, hat das BfArM Pharma-Unternehmen sowie den Großhandel aufgefordert, Arzneien nicht über den normalen Bedarf hinaus etwa an Apotheken zu liefern.

Viele Wirkstoffe für Arzneien werden aus Kostengründen in China und Indien hergestellt – etwa für Antibiotika sowie einfache Nachahmermedikamente. Die Preise von Wirkstoffen und die Logistikkosten seien „weltweit deutlich angestiegen“, so der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH). In Zeiten der Pandemie werden die Rufe nach einer stärkeren Wirkstoff-Produktion in Europa lauter.

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