Flüchtlingsintegration kommt nur schleppend voran

Berlin · Die wenigsten Betroffenen arbeiten einer Studie zufolge in regulären Jobs. Das Hauptproblem: Viele sprechen zu schlecht Deutsch

Fast jedes vierte deutsche Unternehmen beschäftigt Flüchtlinge oder hat es schon getan. Aber nur in jedem zehnten haben die Betroffenen einen regulären Job, wie aus einer aktuellen Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht.

Immerhin 1,2 Millionen Flüchtlinge kamen in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland. Optimisten sahen darin schon eine Lösung des Facharbeiterproblems. Doch die Euphorie ist längst verflogen. Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie der Industrie- und Schwellenländer-Organisation OECD gehen zwei von drei Flüchtlinge mit Jobs nur einer niedrig qualifizierten Tätigkeit nach. Ein Grund: Lediglich 19 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge verfügen über Berufs- oder Studienabschlüsse.

Ob dieser Trend gebrochen werden kann oder sich verfestigt, hängt nach Überzeugung von IW-Chef Michael Hüther in erheblichem Maße vom Stellenwert der dualen Berufsausbildung ab. Nach einer aktuellen Untersuchung seines Instituts ist fast jeder vierte Geflüchtete im ausbildungstypischen Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Aber nur etwa jedes 14. Unternehmen (sieben Prozent) hat bislang Flüchtlinge als Azubis eingestellt. "Hier spielt auch eine Rolle, dass viele junge Männer, die meist aus Ländern ohne gut ausgebautes Berufsbildungssystem kommen, schnell Geld verdienen wollen", erläuterte Hüther. Das in der Welt nahezu einmalige System der dualen Ausbildung, also einer Kombination von Berufsschule und Betrieb, sei hingegen erklärungsbedürftig und verlange auch eine gewisse Ausdauer, so Hüther.

Am häufigsten beschäftigen Firmen Geflüchtete als Praktikanten (17 Prozent), was kein Makel sein muss, weil sie auch der beruflichen Orientierung dienen. Als größtes Hemmnis für die Integration auf dem Arbeitsmarkt stufen die Firmen nach wie vor die mangelnden Deutschkenntnisse ein. Erst danach folgen fachliche Hemmnisse. Fast zwei Drittel der Betriebe beklagen auch fehlende Informationen über Förderangebote.

Dabei herrscht kein Mangel an staatlicher Unterstützung. Neben neuen Programmen wurden auch gängige Maßnahmen wie Einstiegsqualifizierungen oder ausbildungsbegleitende Hilfen für Flüchtlinge geöffnet. Obendrein trat 2016 die sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung in Kraft. Demnach erhalten Asylbewerber einen Duldungsstatus für die Dauer ihrer Ausbildung plus zwei weitere Jahre für die Beschäftigung im Beruf. Laut IW wird diese Norm von den jeweils zuständigen Landesbehörden aber sehr unterschiedlich ausgelegt. So verwehrt zum Beispiel Bayern eine Duldung, wenn bereits Maßnahmen für eine Abschiebung ergriffen wurden. Andere Bundesländer erteilen den Duldungsstatus schon bei einer Einstiegsqualifizierung. Dabei sei Planungssicherheit für die Unternehmen sehr wichtig, mahnte Hüther.

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