Urteil Ende Januar erwartet BGH prüft Bewertungen auf Yelp

Karlsruhe · Das Internet-Portal beschäftigt den Bundesgerichtshof. Die Betreiberin eines Fitnessstudios klagt, zu schlecht wegzukommen.

 Auf Yelp beurteilen Nutzer etwa das Café nebenan oder ihr Sportstudio. In die Note fließen nicht alle Bewertungen ein. Ist das rechtmäßig?

Auf Yelp beurteilen Nutzer etwa das Café nebenan oder ihr Sportstudio. In die Note fließen nicht alle Bewertungen ein. Ist das rechtmäßig?

Foto: dpa/Jennifer Weese

Internet-Bewertungen entscheiden mit, wo Leute essen gehen, ihr Auto in die Werkstatt geben oder Sport machen – aber wie errechnet ein Portal seine Noten? Und spielt das überhaupt eine Rolle? Diese Fragen klärt der Bundesgerichtshof (BGH) in den nächsten Wochen am Beispiel der Online-Plattform Yelp. Das Urteil soll am 14. Januar verkündet werden, wie die obersten Zivilrichter in Karlsruhe nach der Verhandlung am Dienstag festlegten. (Az. VI ZR 495/18 u.a.)

„Ich fühle mich schlecht bewertet“, sagt die Klägerin, Renate Holland. Die zierliche 67-Jährige war einst Weltmeisterin im Bodybuilding. Heute betreibt sie mehrere Fitnessstudios im Raum München. „Meine Studios leiden darunter.“

Auf Yelp können die Nutzer Restaurants, Dienstleister und Geschäfte bewerten – und eben auch Fitnessstudios. Zu vergeben sind ein Stern („Boah, das geht ja mal gar nicht!“) bis fünf Sterne („Wow! Besser geht‘s nicht!“). In die Gesamtbewertung fließen allerdings nicht alle Beurteilungen ein. Eine automatisierte Software identifiziert dafür die „empfohlenen Beiträge“, die Yelp für besonders hilfreich oder authentisch hält.

Zu den Auswahlkriterien gehören laut Yelp etwa die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Nutzers. Über den Filter sollen Gefälligkeitsbewertungen und Fälschungen aussortiert werden. „Aber viele sind auch echte Beiträge von echten Kunden, die wir einfach nur nicht gut genug kennen und daher nicht empfehlen können“, heißt es auf der Seite.

„Das machen andere Plattformen genauso“, sagt Yelp-Anwalt Stephan Zimprich. Es sei wichtig, dass ein Mechanismus existiere, der die Guten von den Schlechten trenne. „Ansonsten wäre der Verbraucher der Manipulation im Internet auch schutzlos ausgeliefert.“

Im Durchschnitt würden ungefähr drei Viertel aller Beiträge als empfohlen eingestuft, erklärt Yelp. Nicht so bei Renate Holland: Eines ihrer Studios steht im Februar 2014 mit 2,5 Sternen da. Grundlage sind zwei Bewertungen. 74 überwiegend sehr positive Beiträge bleiben unberücksichtigt. Ein anderes Studio bekommt drei Sterne aus drei Beiträgen. Hier lässt Yelp 75 Beiträge außen vor. „Ich hätte normalerweise circa vier bis 4,5 Sterne überall in allen Studios“, sagt Holland. So seien Neukunden skeptisch oder blieben gleich ganz fern.

Das Oberlandesgericht München gibt Holland vor einem Jahr Recht. Ein Bewertungsportal werde in erster Linie genutzt, um sich einen raschen Überblick über das Angebot in der Gegend zu verschaffen. Durchs Aussortieren so vieler Bewertungen entstehe „kein hilfreiches, sondern ein verzerrtes Gesamtbild“. Die Richter sprechen Holland damals Schadenersatz zu und untersagen Yelp, ihre Studios weiter so zu bewerten. Aber das letzte Wort hat der Bundesgerichtshof.

Der Senat habe noch keine fertigen Lösungen, sagt der Vorsitzende Richter Stephan Seiters am Dienstag. Aber die Richter haben kritische Fragen zu dem Münchner Urteil: Kann der Nutzer auf der Seite nicht klar erkennen, dass sich der Sterne-Durchschnitt nur auf die darunter angezeigten Bewertungen bezieht? Und gibt es überhaupt ein Recht auf eine repräsentative Bewertung?

Hollands BGH-Anwalt Axel Rinkler geht es um Transparenz. „Man ist diesen Bewertungen komplett ausgeliefert“, kritisiert er. Der Algorithmus, der die Auswahl der Beiträge bestimme, sei Geschäftsgeheimnis. Das gehe auch gar nicht anders, meint Anwalt Zimprich. „Wenn ich weiß, wie gefiltert wird, kann ich dafür sorgen, dass auch manipulierte Beiträge so manipuliert sind, dass sie durch den Filter durchkommen.“

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