Noch immer wenige Chefinnen Familienministerin droht mit Frauenquote

Berlin · Noch gibt es keine Pflicht für Firmen, ihre Vorstände ausgeglichen mit Männern und Frauen zu besetzen. Kommt bald ein Gesetz?

 In börsennotierten deutschen Großunternehmen gibt es kaum Chefinnen. Männer besetzen mehr als 90 Prozent der Spitzenposten.   

In börsennotierten deutschen Großunternehmen gibt es kaum Chefinnen. Männer besetzen mehr als 90 Prozent der Spitzenposten.  

Foto: dpa/Christian Charisius

Familienministerin Katarina Barley (SPD) macht der Wirtschaft Druck und hat eine gesetzlichen Frauenquote für Unternehmensvorstände angekündigt. „Ich gebe der Wirtschaft noch ein Jahr Zeit, die Sache selbst zu regeln. Wenn sich bis dahin nichts tut, werden wir gesetzlich eingreifen“, sagte Barley dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ich hätte kein Problem mit einer verpflichtenden Frauenquote auch für Unternehmensvorstände.“ Offen blieb aber, wie Barley die Drohung notfalls realisieren will. Es ist unklar, ob die SPD nach der Bundestagswahl an einer neuen Regierung beteiligt ist.

Nach Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für die Privatwirtschaft ist der Frauenanteil in den Führungspositionen leicht gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt ein gemeinsamer Bericht von Familien- und Justizministerium, der gestern das Kabinett passiert hat. Danach stieg der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten der betroffenen Unternehmen von 25,0 im Jahr 2015 auf 27,3 Prozent in 2016. Aktuelle Zahlen aus dem laufenden Jahr legten die Ministerien nicht vor. In den Vorstandsetagen bestehe noch „deutlicher Verbesserungsbedarf“.

Das lange umstrittene Gesetz war im Mai 2015 in Kraft getreten. Es verpflichtet rund 100 börsennotierte, mitbestimmungspflichtige Großunternehmen seit dem 1. Januar 2016 zu einer Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten. Wird bei einer Neubesetzung die Quote nicht eingehalten und für einen frei werdenden Posten keine Frau gefunden, sollen Stühle unbesetzt bleiben. Für die wichtigeren Vorstandsposten gibt es keine Quote. Der Frauenanteil in den Vorständen liegt dem Bericht der Ministerien zufolge bei gerade einmal 6,1 Prozent. Barley sagte dem Redaktionsnetzwerk: „Wir konnten jahrzehntelang beobachten, dass Selbstverpflichtungen nicht funktionieren.“ Eine Pflicht für Firmen, ihre Vorstände ausgeglichen zu besetzen, gibt es bislang nicht. „In den Vorständen ist fast gar nichts passiert“, kritisierte sie. „Gerade mal sechs Prozent der Vorstände sind weiblich. Das geht so nicht weiter.“ Der frauenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, nannte Barleys Kritik verfrüht: „Viele Positionen waren in der Zwischenzeit noch gar nicht frei, um neu besetzt zu werden.“

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig kündigte an: „In der kommenden Legislaturperiode müssen wir die Frauenquote ausbauen und anschärfen. Unser Ziel ist, dass Führungsgremien zur Hälfte von Männern und zur Hälfte von Frauen besetzt sind.“

 Bundesfamilienministerin  Katarina Barley

Bundesfamilienministerin Katarina Barley

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die Grünen nannten die bisher gültige Quote halbherzig. „Es ist bedauerlich, dass sich die Koalition nur auf eine Quote von 30 Prozent für Aufsichtsräte und nur für rund 100 Unternehmen einigen konnte. Wir wollen eine 40-Prozent-Quote für alle börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen. Das sind dann immerhin rund 3500“, sagte die frauenpolitische Sprecherin Ulle Schauws.

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