Urteil des Europäischen Gerichtshofs EZB durfte Staatsanleihen in Billionenhöhe kaufen

Luxemburg · Kritiker werfen den Währungshütern unerlaubte Staatsfinanzierung vor. Das oberste EU-Gericht bewertet das Anleihekauf-Programm aber anders.

 Die Europäische Zentralbank in Frankfurt hat sich mit Anleihekäufen Klagen eingehandelt. 

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt hat sich mit Anleihekäufen Klagen eingehandelt. 

Foto: dpa/Boris Roessler

Die umstrittenen Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) sind nach einem richtungsweisenden Urteil des obersten EU-Gerichts erlaubt. Die Notenbank verstoße damit nicht gegen ihr Mandat und nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern in Luxemburg (Rechtssache C-493/17). Auf dieser Grundlage muss nun das Bundesverfassungsgericht den nationalen Rechtsstreit entscheiden.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte den EuGH um eine rechtliche Bewertung gebeten. Die Karlsruher Richter hatten Bedenken, das Programm könne das Mandat der EZB sowie Zuständigkeiten der EU-Staaten verletzen. Mittlerweile haben die Euro-Notenbanken Wertpapiere von rund 2,6 Billionen Euro erworben. Ziel war es, die Zinsen zu drücken und Geld leichter verfügbar zu machen. Banken sollten dadurch einfacher Kredite an Unternehmen vergeben können. Die Wirtschaft und die Inflation sollten damit angekurbelt werden.

Um ihr Ziel der Preisstabilität und einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent im Euroraum zu erreichen, müsse die EZB zwangsläufig Maßnahmen ergreifen, die sich auf die Realwirtschaft auswirkten, stellte der EuGH fest. Das Anleihen-Kaufprogramm gehe dabei nicht über das Mandat der EZB hinaus. Die Anleihenkäufe fielen in den Bereich der Währungspolitik, in dem die Union für die Euro-Staaten ausschließlich zuständig sei, und achte auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Programm nehme den Mitgliedsstaaten auch nicht den Anreiz, eine „gesunde Haushaltspolitik“ zu verfolgen. Außerdem würden keine einzelnen Staaten bevorzugt, argumentierten die Luxemburger Richter weiter. Das Kaufprogramm richte sich nicht nach deren Finanzierungsbedürfnissen. 

Im aktuellen Streitfall ging es um ein Teilprogramm namens PSPP (Public Sector Asset Purchase Programme) zum Kauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors. Es startete im März 2015. Monat für Monat wurden dabei an den Sekundärmärkten Anleihen für zweistellige Milliardenbeträge gekauft. Das heißt, dass die jeweiligen nationalen Notenbanken nicht direkt von den ausgebenden Staaten kauften, sondern bereits im Umlauf befindliche Papiere von Investoren erwarben.

Die Kläger um die Euro-Kritiker und früheren AfD-Politiker Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel kritisieren, dass die EZB durch das Kaufprogramm zum größten Gläubiger der Euro-Staaten aufgestiegen sei. Aus ihrer Sicht finanziert die EZB dadurch zudem massiv die Staatsverschuldung. „Das Urteil ist erschreckend“, sagte Lucke. Die europäischen Verträge würden damit ausgehöhlt.

Inzwischen steht das Anleiheprogramm vor dem Ende. Denn inzwischen läuft die Wirtschaft besser. Es wird erwartet, dass die EZB morgen formal das Ende neuer Anleihenkäufe zum Jahresende beschließen wird.

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