Europäische Kommission Industrie-Strategie der EU bleibt vage

Brüssel · Die Europäische Kommission hat am Dienstag ihren Zukunftsentwurf für das grüne und digitale Morgen vorgestellt.

 Brüssel will einen fairen Wettbewerb im In- und Ausland schaffen. Das geht aus der Industriestrategie hervor.

Brüssel will einen fairen Wettbewerb im In- und Ausland schaffen. Das geht aus der Industriestrategie hervor.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Monatelang hatten Vertreter von Industrieverbänden und Unternehmen ihre Wunschlisten nach Brüssel geschickt. Ihre große Hoffnung ruhte auf dem Papier, das die Europäische Kommission nach heftigem Ringen am gestrigen Dienstag präsentierte: die künftige Strategie der europäischen Industriepolitik.

Ein Aufbruchssignal, ein Mutmacher für die schwere Zeit des Green Deals mit seiner Umstellung auf die grüne und digitale Zukunft sollte es sein. „Eine führende Rolle“ wolle man dabei übernehmen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Die europäische Industrie ist der Motor für Wachstum und Wohlstand in Europa. Und sie ist am besten, wenn sie sich auf das stützt, was sie stark macht: Ihre Menschen und ihre Ideen, ihre Talente, ihre Vielfalt und ihren Unternehmergeist.“ Thierry Breton, der französische Kommissar für den Binnenmarkt, setzte der Euphorie sogar noch einen Mut machenden Satz drauf: „Europa hat die stärkste Industrie der Welt.“

Konkret wird das Papier dennoch nur an wenigen Stellen. Ein Aktionsplan für geistiges Eigentum sei geplant, teilte die Kommission mit. So soll die technologische Souveränität gewährt bleiben. Weltweit will die Gemeinschaft gleiche Wettbewerbsbedingungen fördern und dabei an einer Reform der Welthandelsorganisation mitarbeiten. Den Diebstahl geistigen Eigentums will man konsequenter bekämpfen. Alle politischen Ebenen (europäisch, national, lokal) und alle Akteure (öffentlich und privat) müssten zusammenarbeiten, um „die richtigen Rahmenbedingungen für diesen Übergang zu schaffen“. Das klingt für einige nach Politik mit Schlagworten, die aber nicht näher ausgeführt werden. Das Papier sei „mit heißer Nadel gestrickt und ist wenig mehr als ein Best-of der Mitteilungen, die die Kommission in den vergangenen Wochen herausgeben hat“, kommentierte etwa der CSU-Finanzexperte und Europaabgeordnete Markus Ferber. Tatsächlich bleibt es in vielen Fällen bei Andeutungen, die aber weder konkret vertieft noch ausgearbeitet wurden. Zwei Ausnahmen fallen trotzdem auf.

So will Brüssel einen fairen Wettbewerb im In- und Ausland schaffen und deswegen Schutzmechanismen finden, um den Ausverkauf europäischer Betriebe durch Käufer aus Drittstaaten bremsen zu können. Sie sollen beispielsweise vom Zugang zu öffentlichen Aufträgen und EU-Fördermitteln abgekoppelt werden. Mehr oder weniger deutlich bekennt sich die Von-der-Leyen-Kommission auch zu einer Neufassung des europäischen Wettbewerbsrechtes. Das Ziel: Bei Fusionen soll die marktbeherrschende Stellung des neuen Unternehmens nicht mehr nur unter europäischen, sondern auch globalen Aspekten geprüft werden. Darüber hatten im Hintergrund Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Breton gestritten. Vestager verteidigte damit beispielsweise den untersagten Zusammenschluss der Eisenbahnsparten von Siemens (ICE) und Alstom (TGV), für den es viel Kritik gegeben hatte. Sie fürchtete ein Monopol für Europa, während ihre Kritiker forderten, die neue Kooperation sei notwendig, um dem chinesischen Weltmarkt-Führer CRRC Paroli bieten zu können.

Gute Nachrichten enthält dagegen die ebenfalls am Dienstag vorgestellte Strategie für die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Unter anderem soll ein Beauftragter für die Interessen dieser Betriebe innerhalb des Kommissionsteams jeden Gesetzesvorschlag daraufhin überprüfen, ob der den Bedürfnissen der KMU entspricht. Dabei geht es vor allem um die nach wie vor überbordende Bürokratie, unter der die Mittelständler zu leiden haben.

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