Europa setzt im Stahlstreit mit USA weiter auf Gespräche EU-Vize warnt im Saarland vor Handelskrieg
Dillingen/Völklingen · Frans Timmermans kündigt auf einer Stahlkonferenz in Dillingen einen Dialog mit den USA an. Saarstahl macht sich große Sorgen.
Die Europäische Union sieht eigene Strafzölle für US-Produkte nur als letztes Mittel, sollte US-Präsident Donald Trump bei seiner harten Linie bleiben und an den Einfuhrabgaben auf Stahl und Aluminium festhalten. Das stellte gestern der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, auf einer Konferenz zur Zukunft der Stahlindustrie und der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Europa in Dillingen klar. Man setze zunächst auf Gespräche, auch mit Abgeordneten der Republikaner im US-Senat.
Europa sei aber auch vorbereitet, eigene Sanktionen als Antwort zu verhängen, die den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) entsprechen. Wichtigstes Ziel sei es, möglichst schnell wieder zu fairen Regeln im Handel zurückzukehren. „Die EU-Kommission wird alles dafür tun, dass die Amerikaner hoffentlich nicht so weitermachen“, sagte Timmermans. Bei einem Handelskrieg gibt es seiner Überzeugung nach nur Verlierer. Europa werde sich aber auch zu schützen wissen.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) rief nach einer „starken und schnellen europäischen Reaktion, die die Eskalation der handelspolitischen Lage vermeidet“. Er geht davon aus, dass der US-Präsident nicht im Namen der Amerikaner handelt. „Am Ende leiden alle, die Erzeuger in Europa, aber auch die amerikanischen Verbraucher, weil die Preise ganz erheblich steigen werden.“ Europa befinde sich in einer Position der Stärke, denn „nirgendwo wird so hochwertiger, hoch innovativer Stahl produziert wie hier. Da kann weltweit niemand mithalten, auch nicht die US-Stahlindustrie“, sagte Hans. Die EU könne US-Unternehmen empfindlich treffen, etwa in der Besteuerung von Internetkonzernen wie Google, Amazon und Facebook. „Hier haben die USA ureigene Interessen“, sagte der saarländische Ministerpräsident.
Gemeinsam mit den Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU) und Niedersachsen, Stephan Weil (SPD) hat Tobias Hans einen gemeinsamen Brief an alle Ministerpräsidenten verfasst. Darin wird die EU-Kommission auffordert, die Interessen der deutschen Stahlindustrie offensiv gegenüber den USA zu vertreten und auf eine einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten. Hans geht davon aus, dass alle Ministerpräsidenten diese Initiative mittragen.
Fred Metzken, Sprecher des Vorstandes der Dillinger Hütte und von Saarstahl, wies darauf hin, dass die von Trump bereits verhängten Strafzölle auf Stahl und angedachten Strafzölle auf europäische Autos die saarländische Stahlindustrie in ernsthafte Bedrängnis bringen können, besonders Saarstahl. Das Unternehmen liefere viele Hightech-Produkte für die Autoindustrie, auch in die Vereinigten Staaten. „Da wird man schauen müssen, ob die weiterverarbeitende Industrie dazu bereit sein wird, diese Zölle zu tragen. Wir können sie nicht tragen“, sagte Metzken. „Ansonsten werden wir alternative Produkten suchen müssen, die wir in anderen Märkten vermarkten können. Das wird nicht einfach.“
Um die Stahlindustrie zu stärken, verabschiedete die Konferenz eine „Völklinger Erklärung“. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte dazu, die Stahlindustrie sei bereit, durch ihre Innovationen und Investitionen dabei zu helfen, die Führungsrolle Europas auszubauen. Stahl sei unverzichtbar zur Sicherung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der saarländischen und europäischen Wirtschaft mit ihren nachgelagerten Sparten Automotive, Bauwesen, Energie, Elektronik, Weltraumtechnologie und Verteidigung.