Plan für Gemeinsame Agrarpolitik EU-Abgeordnete verteidigt Agrar-Kappung

Saarbrücken · In Saarbrücken sprach sich Maria Noichl vor Saar-Landwirten für einen Abschied von der flächenabhängigen Agrarförderung aus.

 Mit dem Erhalt von Blühwiesen wie hier im Bliesgau trägt die Landwirtschaft auch zur Pflege der Kulturlandschaft bei.

Mit dem Erhalt von Blühwiesen wie hier im Bliesgau trägt die Landwirtschaft auch zur Pflege der Kulturlandschaft bei.

Foto: picture-alliance/ dpa/Becker & Bredel

Die EU-Abgeordnete Maria Noichl (SPD) hat am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der SPD-Landtagsfraktion für einen schrittweisen Ausstieg aus der flächenbezogenen Agrarförderung der EU geworben. Ein entsprechendes Konzept sieht der Entwurf des EU-Agrar-Kommissars Phil Hogan für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU nach 2020 vor. Hogan hat in seinem Entwurf, den er im Sommer vorgestellt hat, eine Kappung der Förderung vorgesehen. Demzufolge soll die flächenbezogene Förderung nur bis 60 000 Euro in voller Höhe vergütet werden, zusätzliche Flächen sollen dann bis zu einem Höchstbetrag von 100 000 Euro mit jeweils sinkenden Zuschüssen gefördert werden.

Die Kappung, die allerdings von allen Mitgliedsstaaten und dem Parlament abgesegnet werden müsste, um wirklich umgesetzt zu werden, wäre ein Ausstieg aus der bisherigen flächenbezogenen Förderung der Landwirte. Eine „leistungslose“ Förderung, die gesellschaftlich kaum noch zu vermitteln sei, wie Noichl vor den saarländischen Landwirten betonte, die der Saar-Abgeordnete Magnus Jung (SPD) eingeladen hatte. „Wenn die Kappung kommt, können die frei werdenden Gelder genutzt werden, um Leistungen der Landwirte zu entlohnen, die diese für die Gesellschaft erbringen“, sagte Noichl und nennte als Beispiele den Erhalt der biologischen Vielfalt, den Humus-Aufbau, den Wasserschutz.

Noch in dieser Legislaturperiode soll die Agrarförderung neu geregelt werden. Im Sommer hatte Hogan seinen Entwurf für den neuen GAP-Plan vorgelegt, doch das nach Aussagen von Noichl „dünne“ Papier ist noch sehr umstritten. Die EU-Abgeordnete erwartet, dass bis Ende kommender Woche gut 2000 Änderungsanträge eingehen werden. Der SPD stößt unter anderem eine Zusatzklausel auf, mit der Großbetriebe Arbeitskräfte bezuschusst bekommen und so die Kappung aufweichen können. „Kleine Landwirte haben keine Chance, sich auf diese Weise Arbeitskräfte von der EU bezahlen zu lassen“, sagte sie.

Bis Februar müssen die Anträge übersetzt und eingearbeitet sein, sonst ist die Gefahr groß, dass der Hogan-Plan nicht mehr verabschiedet wird und zum Altpapier wandert. Denn nach der Europawahl im Mai müsste eine neue Kommission den Plan noch einmal komplett aufschnüren. Ein Zeitdruck, der auch durch das späte Agieren des EU-Kommissars Hogan entstanden sei. „Kommissar Phil Hogan wird als der Kommissar in die Geschichte eingehen, der Meister im Mikado-Spielen ist. Vier Jahre lang hat er sich nicht gerührt“, kritisierte Noichl.

Die saarländischen Landwirte allerdings sehen die EU-Pläne kritisch. Richard Schreiner, Präsident der Landwirtschaftskammer im Saarland, sprach sich dafür aus, die bisherige Regelung der Flächenprämie schon aus Gründen der Handhabung beizubehalten. Die von Noichl beschriebenen Alternativen würden einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der letztlich kaum zu stemmen sei. Auch Peter Hoffmann, Präsident des saarländischen Bauernverbandes, fürchtet, dass durch die neuen Regelungen „ein bürokratisches Monster entstehen könnte“.

Auch ist die Unsicherheit hoch, ob die durch die Kappung freiwerdenden Gelder tatsächlich beispielsweise in die Öko-Förderung gesteckt werden, oder eben in andere EU-Haushalte abgezogen werden.Denn klar ist: Die EU-Finanzen sind durch den Austritt Großbritanniens, einem Geberland, unter Druck. „Mit dem Brexit gehen der EU erhebliche Mittel verloren“, sagte Noichl. Und die Begehrlichkeiten anderer Ressorts auf frei werdenden Mittel sind hoch.Auch so muss sich die Landwirtschaft auf Kürzungen einstellen: Nach einem ersten Vorschlag der EU-Kommission sollen für die deutschen Bauern von 2021 bis 2027 rund 41 Milliarden Euro bereitstehen. Im Finanzrahmen von 2014 bis 2020 waren noch rund 44,1 Milliarden Euro vorgesehen.

 EU-Agrarexpertin Maria Noichl erläuterte in Saarbrücken die EU-Pläne.  Foto: EU

EU-Agrarexpertin Maria Noichl erläuterte in Saarbrücken die EU-Pläne. Foto: EU

Foto: Michel Christen/EU-Pressefoto/Michel CHRISTEN

Hogans Plan sieht aber auch in einem anderen Punkt eine Abkehr von der bisherigen EU-Agrarpolitik vor. Denn sein Entwurf verfolgt ein sogenanntes Delivery-Modell, nach dem die EU die Ziele vorgibt, die das Land dann umsetzt. Grundsätzlich begrüßte Noichl diesen Ansatz. Allerdings kritisierte sie gleichzeitig, dass Hogan den Entwurf genau bei diesen Zielen watteweich gehalten habe. Hier müsse der Kommissar noch deutlich nachschärfen, damit ein klarer Strategieentwurf vorliege, sagte sie.

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