Eisenbahner können mehr Geld oder mehr Freizeit wählen

Berlin · Bei der Deutschen Bahn bekommen rund 150 000 Mitarbeiter für die Tariferhöhung Anfang 2018 eine Wahlmöglichkeit: Statt einer Lohnerhöhung von 2,6 Prozent können sie sechs Tage zusätzlichen Urlaub nehmen oder eine Stunde pro Woche weniger arbeiten. Das ist ein zentrales Ergebnis des Tarifabschlusses des Konzerns mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vom Montagabend.

Ein solches Wahlmodell in einem Tarifvertrag sei ein Novum in Deutschland, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung, Reinhard Bispinck. "Es gab bislang schon flexible Regelungen zur Arbeitszeitverkürzung etwa mit Arbeitzeitkonten, aber noch nicht die Möglichkeit, eine Lohnerhöhung in Freizeit umzuwandeln."Die Einigung zwischen EVG und Bahn enthält weitere Elemente: In einer ersten Stufe werden die Einkommen zum 1. April 2017 um 2,5 Prozent erhöht. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 550 Euro. Nachwuchskräfte, die nach Ausbildung oder Studium zwei Jahre im Unternehmen sind, erhalten 1000 Euro Bonus in einen Fonds für die Altersvorsorge.

Nach dem Abschluss mit der EVG verhandelt die Bahn jetzt weiter mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL ). Am Freitag steht die sechste Verhandlungsrunde an. Die GDL will möglichst präzise Regeln für Schicht- und Einsatzpläne im Tarifvertrag verankern. Die Bahn argumentiert, wenn sie die Forderungen der GDL erfüllte, ergäbe sich eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Meinung:

Ein großer Erfolg

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Konkurrenz kann offenbar auch das Tarifgeschäft beleben. Die große Gewerkschaft EVG, die einen scharfen Wettbewerb mit der GDL ausficht, hat in den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn eine echte Neuerung durchgesetzt. Die ausgehandelte Wahlmöglichkeit ist ein Gewinn für alle Mitarbeiter. In einer Befragung der EVG hatten sich nämlich ähnlich viele Gewerkschaftsmitglieder für mehr Geld beziehungsweise mehr Freizeit ausgesprochen. Solch eine Wahl hätten sicherlich auch gerne Beschäftigte in anderen Branchen. Der Ansatz der EVG könnte also Schule machen.

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