Eine Entscheidung im Schlafwagen

Saarbrücken · 75 Jahre wird die Saar-LB in diesem Jahr alt. Am 1. Dezember 1941 wurde sie offiziell gegründet – nach Verhandlungen, die ihren Durchbruch auf einer Zugfahrt Ende Oktober hatten.

 Das erste Domizil der Landesbank (links) war gegenüber der Ludwigskirche, seit 1956 hat sie ihren Sitz in der Ursulinenstraße. Fotos: Saar-LB

Das erste Domizil der Landesbank (links) war gegenüber der Ludwigskirche, seit 1956 hat sie ihren Sitz in der Ursulinenstraße. Fotos: Saar-LB

Die Entscheidung zur Gründung der Landesbank Saar (Saar-LB) fiel in einem Schlafwagen - auf der Fahrt zwischen München und Saarbrücken in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 1941. Hubert Dohmen, damals noch geschäftsführender Direktor der Kreissparkasse Saarbrücken , schaffte den Durchbruch. Er wollte eine Bank eigens für die Saar-Region. Von dieser Idee überzeugte er im Zug den Regierungspräsidenten des geplanten Gaus Westmark, Karl Barth .

Das Problem damals: Die saarländische Sparkassen gehörten zum Rheinisch-Westfälischen Sparkassenverband, die pfälzischen zum Landesverband Bayerischer Sparkassen . Entscheidungen über die Region wurden in Düsseldorf und München getroffen. Sparkassen-Mann Dohmen hielt es deshalb für geboten, "das Sparkassenwesen der Westmark, das in seiner Verschiedenheit ein Bild der staatsrechtlichen Zerrissenheit von Pfalz, Saarland und Lothringen darstellte, einheitlich auszurichten". Das war schwierig, denn die Verbände waren zwar bereit, ihre Sparkassen-Filialen abzutreten, jedoch ohne eine Mitgift in Form einer finanziellen Ausstattung. Dohmen rechnete nun Barth auf der Zugfahrt "mit spitzem Bleistift" vor, dass die neue Bank auch ohne Mitgift sofort mit Gewinn arbeiten könne. Und am 1. Dezember folgte die offizielle Gründung der Landesbank - sowie eines Sparkassen- und Giroverbandes, verbunden mit der Verselbstständigung der Saar-Sparkassen.

Wenn eine Bank in Zeiten nationalsozialistischer Herrschaft gegründet wird, wirft das Fragen auf. Etwa ob sie direkt an der Finanzierung von NS-Verbrechen beteiligt war? Für die Jubi läums chronik sollten Historiker diese Zeit besonders genau untersuchen. "Neben der üblichen Gleichschaltung der Banken und der allgemeinen Finanzierung des Staates über Anleihen ist aber nichts Auffälliges zutage getreten", sagte gestern Saar-LB-Vorstandschef Werner Severin.

"Gleichgeschaltet" heißt etwa, dass die Bank in die Finanzierung des Krieges eingebunden war, wie die Dokumentation zeigt. Das funktionierte vor allem über Anleihen , die das Reich direkt platziert hat. Bei der Landesbank sind es 1941 schon 151 Millionen Reichsmark, die dafür in der Bilanz stehen, 1943 sind es mehr als 324 Millionen Reichsmark. Über die Vergabe von Krediten für die Finanzierung von Wehrmachtsaufträgen dagegen ist der Dokumentation zufolge nur wenig bekannt. Auch in der Bank regierte der Geist des NS-Staates. Jeder Mitarbeiter hatte "rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einzutreten", hieß es in der Betriebsordnung.

Bankengründer Dohmen steht dem neuen Institut nur kurz vor, 1943 wird er als Soldat einberufen. Trotzdem bringt er das Institut schnell auf Touren. Bereits 1942 gibt die Bank erste Kommunalschuldverschreibungen aus und eröffnet eine Bausparabteilung. Wovon das Regime nicht angetan war. Schließlich brauchte man Geld für die Rüstungsindustrie.

In den Kriegsjahren wechselt die junge Bank gleich mehrfach ihren Sitz. Nachdem das Stammhaus in der Eisenbahnstraße im Oktober 1944 ausgebombt wird, bekommt die Landesbank eine Notunterkunft im pfälzischen Wolfstein - um dann nach Kriegsende ein Ausweichquartier in St. Ingbert zu beziehen.

Der Grundstein für ihre heutige Ausrichtung als "deutsch-französische Mittelstandsbank" wird in der Nachkriegszeit gelegt unter der französische Militärregierung gelegt. Mit ihr kommt auch ein französischer Vorstandschef: René Charrier wird ab 1948 acht Jahre lang die Geschicke der Bank leiten. An seiner Seite: Hubert Dohmen, der zwar seit 1935 Mitglied der NSDAP war, allerdings als Mitläufer eingestuft wurde. Noch 1948 bekommt die Bank wieder einen Sitz in Saarbrücken - in der Commercystraße, der heutigen Cecilienstraße. Charrier scheidet nach der Saar-Abstimmung vom Oktober 1955 aus der Bank aus - Dohmen wird nun noch einmal für 18 Jahre die Geschicke der Bank leiten.

In den kommenden Jahrzehnten wird die Bank eng mit der Entwicklung des Saarlandes verknüpft sein. Am Bau des Neubaugebiets am Saarbrücker Eschberg ist sie ebenso beteiligt wie an der Rettung der Stahlindustrie Ende der 70er. Als entscheidend für die Entwicklung der Saar-LB gilt die Partnerschaft mit der Bayern-LB, die 1993 unter Vorstandschef Ernst Lenz ein Viertel der Anteile übernahm - und diesen 2002 auf 75,1 Prozent aufstockte. Unter ihrer Führung öffnete sich die Saar-LB erneut nach Frankreich. erst mit einer Repräsentanz in Metz -, später unter Vorstand Thomas Christian Buchbinder mit einem Strategiewechsel "von der Kreditbank zur deutsch-französischen Mittelstandsbank". Die Bayern-LB, durch die Finanzkrise in Nöte geraten, überträgt ihre Anteile dann schrittweise an das Saarland. Heute macht die Bank 40 Prozent ihres Geschäfts in Frankreich. Was die Zukunft bringt, ist offen. Ab dem kommenden Sommer soll ein neuer Vorstandschef die Geschicke der Saar-LB lenken.

 Hubert Dohmen

Hubert Dohmen

 Die Bank sollte für den sogenannten Gau Westmark zuständig sein.

Die Bank sollte für den sogenannten Gau Westmark zuständig sein.

Die Ausstellung anlässlich des Jubiläums läuft bis 16. Januar in der Saar-LB in Saarbrücken (Ursulinenstraße 2), montags bis freitags, 8.30 bis 12.30 Uhr und 13.30 bis 16 Uhr. Die Jubiläums-Chronik ist über E-Mail service@saarlb.de erhältlich.

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