Ein Zeichen für mehr Tierwohl

Berlin · Wie werden die Tiere gehalten, bevor sie geschlachtet werden? Das sollen Verbraucher künftig schon auf der Packung erkennen können. Das ist eine der Ideen des Grünbuchs von Landwirtschaftsminister Schmidt.

 Künftig sollen Verbraucher beim Fleischkauf erfahren, wie die Tiere aufgewachsen sind. Foto: dpa

Künftig sollen Verbraucher beim Fleischkauf erfahren, wie die Tiere aufgewachsen sind. Foto: dpa

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Die Kritik kam sofort: Er verstehe nicht weshalb Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU ) sein Grünbuch zur Zukunft der Ernährung, der Landwirtschaft und der ländlichen Räume "erst kurz vor Ende der Legislaturperiode" vorlege, sagte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Dabei sei schon lange bekannt, was auch im Bereich des Tierschutzes umgesetzt werden müsse.

In einem 52 Seiten starken Werk hat Schmidt aufgeschrieben, was in seinem Bereich passieren müsse: Häufig heißt es darin "Wir wollen…" Schmidt möchte auch nach der Bundestagswahl im Herbst wieder Ressortchef werden. Mit dem "Grünbuch" untermauert er sozusagen seinen Anspruch. Dabei folgt das Papier vielen ähnlichen seiner Vorgänger. Zahlreiche Papiere und Gutachten über die Herausforderungen im Ernährungs- und Agrarsektor warten noch auf ihre Umsetzung - beispielsweise vom ministeriellen wissenschaftlichen Beirat und vom Kompetenzkreis Tierwohl. Oder auch von Schmidts Vorvorgängerin Ilse Aigner (CSU ), die seinerzeit eine umfangreiche "Charta" mit Maßnahmen für die Branche erarbeiten ließ.

Was aber steht nun bei Schmidt drin? Der CSU-Mann will ein staatliches "Tierwohllabel" einführen, also eine mehrstufige Kennzeichnung, durch die die Haltungsart von Tieren klar wird. 82 Prozent der Verbraucher wünschten sich solche Infos, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Agrarministeriums Anfang Dezember ergab. 38 Prozent der Deutschen glauben zudem, dass den meisten Bauern das Wohl der Tiere nicht so wichtig ist. Welche Kriterien Halter und Schlachthöfe künftig erfüllen sollen, ist allerdings noch nicht bekannt. Details will der Minister im Januar auf der Grünen Woche in Berlin präsentieren. Das Label solle aber "eine verständliche und einfache Kaufentscheidungshilfe" bieten. Weiter gesenkt werden soll zudem der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung.

Schmidt will außerdem eine bessere Ernährungsweise und einen gesunden Lebensstil fördern. Auch wenn 80 Prozent der Verbraucher laut der Umfrage mit der Qualität der Nahrungsmittel in Deutschland zufrieden sind, so ernähren sich nur die wenigsten regelmäßig ausgewogen. Mit der Lebensmittelbranche und der Wissenschaft soll deshalb eine Strategie für weniger Salz, gesättigte Fette und Zucker in Fertigprodukten entwickelt werden. Darüber hinaus will sich der Minister auf "selbstverpflichtende" Regelungen zur Werbung von und mit Kindern unter zwölf Jahren verständigen. Es gehe darum, dass "irreführende Werbeaussagen in dieser sensiblen Zielgruppe keine falschen Kaufanreize setzen", heißt es. Vorgeschlagen wird zudem eine Befreiung des Kita- und Schul-Essens von der Mehrwertsteuer. Und weil immer noch 69 Prozent der Verbraucher mindestens einmal im Monat Lebensmittel wegschmeißen, soll das Mindesthaltbarkeitsdatum um ein "Verbrauchsverfallsdatum" ergänzt werden.

Die Grünen kritisierten die Pläne als "unkonkret und vage". Agrarexperte Friedrich Ostendorff sagte unserer Redaktion: "Diese Papierflut als großen Wurf zu verkaufen, kann nicht über das mangelnde Handeln hinwegtäuschen."

Meinung:

Viele Absichtserklärungen

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Die Vorschläge, die Landwirtschaftsminister Schmidt in seinem Grünbuch auf den Tisch bringt, sind durchweg zu begrüßen. Was aufstößt, ist das Wörtchen "wollen". Das klingt zu sehr nach Absichtserklärungen vor dem Wahlkampf. Überhaupt wird Schmidt in der aktuellen Legislaturperiode von den Ankündigungen kaum noch etwas umsetzen können. Schließlich bleiben dafür nur noch wenige Monate Zeit. Dabei wäre es mehr als sinnvoll, den Willensbekundungen Taten folgen zu lassen. Gerade bei der Massentierhaltung liegt noch immer vieles im Argen. Verbraucher können immer argumentieren, dass sie ja gar nicht wissen, wo das Fleisch herkommt, wenn Tiere unter unwürdigen Bedingungen aufgezogen werden. Hier hätte Schmidt auch schon zu Beginn seiner Amtszeit aktiv werden können.

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