Verkäufer kündigen Rücktritt an Neue Unruhe um Halberg Guss
München/Saarbrücken · Der Verkaufsprozess der Neuen Halberg Guss steht noch einmal infrage. Die Verkäufer wollen von dem Kaufvertrag zurücktreten. Der Grund: Es seien wesentliche Bedingungen nicht erfüllt gewesen.
Im Zuge des Verkaufs der Neuen Halberg Guss in Saarbrücken und Leipzig gibt es neue Unruhe. Am Freitag haben die bisherigen Eigner der Saarbrücker Gießerei den Verkauf an die Münchner Investment-Firma One Square Advisors für ungültig erklärt. Das teilte ein Sprecher von NHG mit.
Grund für die Unwirksamkeit des Verkaufs sei ein sogenanntes Arrestverfahren von Seiten des NHG-Kunden Volkswagen. VW hat sich demnach in einem Eilverfahren am Landgericht Braunschweig Zugriff auf knapp 50 Millionen Euro aus dem NHG-Verkauf gesichert. Damit seien „wesentliche Bedingungen für den Verkauf des operativen Geschäfts der Neue Halberg Guss nicht mehr erfüllt“, sagt der Sprecher. Die Neue Halberg Guss werde nun von ihrem vertraglichen Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Die NHG wirft den Käufern auch vor, die Vertraulichkeitsklauseln zum Vertrag gebrochen und so den Gerichtsentscheid erst möglich gemacht zu haben.
VW hatte im Sommer am Landgericht Saarbrücken gegen die Neue Halberg Guss geklagt und Ansprüche auf Rückzahlung von knapp 42 Millionen Euro geltend gemacht, wie es damals auf SZ-Anfrage in einer Stellungnahme des Gerichts hieß. Der Grund dafür: VW sei gezwungen gewesen, zwischen April und Juni „Wucherpreise“ für Gussteile zu zahlen. Die Neue Halberg Guss, eine Tochter des Prevent-Konzerns, mit dem VW schon mehrfach in Konflikt geraten war, habe, so der Vorwurf des Wolfsburger Konzerns, Lieferungen gestoppt, um Forderungen durchzusetzen, die „um bis zu 700 Prozent über den bisherigen Preisen und um bis zu 1000 Prozent über den Marktpreisen gelegen hätten“, teilte ein Gerichtssprecher mit. VW erhob nicht nur den Anspruch auf diese Millionensumme, sondern wollte über einen sogenannten Arrest den Durchgriff auf das Vermögen der NHG sichern, da zu befürchten sei, dass der Eigentümer Prevent Werte aus der Gießerei abziehe. Während VW nach Aussagen des NHG-Sprechers den Antrag am Landgericht Saarbrücken zurückgezogen hatte, hat das Unternehmen diesen offensichtlich in Braunschweig in einem Eilverfahren durchgesetzt.
VW zeigte sich erstaunt über die NHG-Ankündigung, den Kaufvertrag rückgängig zu machen: „Die Sicherungsmaßnahmen der Volkswagen AG haben keinen Einfluss auf den erfolgten Verkauf der NHG. Festgesetzt wurden damit keine Werte des Unternehmens, sondern nur und ausschließlich der von der Prevent verlangte Kaufpreis und das erst nach Erfüllung aller Bedingungen für den Verkauf“, teilte eine VW-Sprecherin gestern mit. Die Werke könnten damit sofort unter neuer Führung produzieren, während Volkswagen und Prevent die Ansprüche von Volkswagen gerichtlich klären lassen. „Dass Prevent trotzdem die Arbeitnehmer als Druckmittel nimmt und den bereits vollzogenen Kauf zurückabwickeln will, ist uns völlig unverständlich“, sagt die Sprecherin.
Halberg Guss war nach monatelangem Ringen an die Münchner Investoren verkauft worden. Am Freitag fand die Transaktion offiziell statt, das Unternehmen soll künftig unter den Namen Avir Guss Holding weitergeführt werden. Angesichts dieses Verkaufs habe sich VW nun entschlossen, „berechtigte Forderungen gegen die Prevent-Gruppe wegen Wuchers“ geltend zu machen, teilte die Sprecherin mit. „Daher haben wir einen sogenannten „Arrest Antrag“ gestellt. Dieser Arrest verhindert nur, dass die Verkaufssumme ins Ausland verschoben werden kann, bis über den Verbleib der Gelder rechtskräftig entschieden ist.“
Ein Sprecher der Avir Guss Holding sieht den Verkauf nun auch durch den Arrest nicht gefährdet. Dieser beeinträchtige den Abschluss nicht, sagte der Sprecher: „Die Bedingung war, das wir den Kaufpreis bezahlen, das haben wir getan. Die zweite Bedingung war, das eine Auflassungsvormerkung für die Grundstücke im Grundbuch eingetragen werden, auch das haben wir getan. Aus unserer Sicht ist die Transaktion damit abgeschlossen“, sagte er. Auch den Vorwurf von NHG, man habe vertrauliche Vertragsdetails an Volkswagen weitergegeben, weist Avir zurück: „Wir haben uns natürlich an jegliche Vertraulichkeit gehalten. Jeder anderslautende Vorwurf ist völlig aus der Luft gegriffen. Wir hätten gar kein ökonomisches Interesse daran gehabt, dass Details der Transaktion bekannt werden und damit die Transaktion gefährdet ist“, sagt er. Er geht davon aus, dass es nun eine juristische Auseinandersetzung geben werde.
Patrick Selzer, IG-Metall-Chef in Saarbrücken, sieht die neuesten Wendungen als „Spielchen“ der NHG-Mutter Prevent. Der Konzern habe bereits mehrfach versucht, den Verkaufsprozess zu behindern. Die IG Metall hat lange für den Erhalt der Arbeitsplätze gekämpft und letztlich auch den Verkauf begrüßt.