Konjunktur „Die Sorgen der Unternehmen werden größer“

Köln/Berlin · Unsicherheit über die Zukunft belastet die Stimmung der Wirtschaft. Vor allem im Exportbereich wächst die Skepsis.

 Autos warten auf den Export. Vor allem die erratische Politik des US-Präsidenten verunsichert die wichtige Automobilwirtschaft.

Autos warten auf den Export. Vor allem die erratische Politik des US-Präsidenten verunsichert die wichtige Automobilwirtschaft.

Foto: dpa/Jörg Sarbach

Internationale Handelskonflikte und eingetrübte Konjunkturaussichten bremsen die Zuversicht der deutschen Unternehmen. Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beurteilen 21 von 48 Wirtschaftsverbänden ihre aktuelle Lage schlechter als noch vor einem Jahr. Im vergangenen Jahr sahen zum Jahreswechsel nur zwei die Lage kritisch. Vor allem in exportorientierten Industrieunternehmen ist die Skepsis gewachsen. Die Bauwirtschaft und konsumnahe Branchen wie das Gastgewerbe profitierten dagegen von der robusten Konjunktur im Inland. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)  berichtete wiederum von wachsenden Sorgen der Unternehmen.

Nach Einschätzung von IW-Chef Michael Hüther ist in der Weltwirtschaft „zunehmend Sand im Getriebe. Dafür sorgen die Konflikte zwischen den USA und China sowie die Zweifel, die US-Präsident Donald Trump an der multilateralen Ordnung sät“, sagte der Direktor des arbeitgebernahen IW-Instituts. Auch in Europa gebe es Verunsicherung, erläuterte er mit Blick auf den Brexit, die Proteste der „Gelbwesten“ in Frankreich und den Kurs der Regierung in Italien.

Insgesamt rechnen 28 Verbände mit steigender Produktion. Zum Jahreswechsel 2017/2018 waren es noch 33. Die Zahl der Verbände mit schlechteren Geschäftsperspektiven stieg von zwei auf zehn. Weitere zehn rechnen mit dem gleichen Produktions- oder Umsatzniveau. Alles in allem stellten die Optimisten immer noch eine deutliche Mehrheit. Die deutsche Wirtschaft werde auf Wachstumskurs bleiben. „Der Schwung dürfte jedoch spürbar niedriger ausfallen als in diesem Jahr.“

Auch die Metall- und Elektroindustrie stellt sich für 2019 auf Zuwächse bei Produktion und Arbeitsplätzen ein – allerdings mit gebremsten Tempo. „Wir rechnen mit einem leichten Rückgang des Wachstums auf 1,5 Prozent im nächsten Jahr“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger. „Das ist eine Abkühlung, aber mehr noch nicht.“ Für dieses Jahr erwartet Gesamtmetall einen Produktionsanstieg von real 2,0 bis 2,5 Prozent.

„Die Beschäftigung wächst nach wie vor. Es sind noch viele offene Stellen da“, sagte Dulger. Bei ausgebildeten Metallfacharbeitern gebe es fast drei freie Stellen pro arbeitsuchendem Facharbeiter. Seit dem Ende der Finanzkrise 2010 bis zum Oktober 2018 habe die Branche 600 000 neue Stammarbeitsplätze geschaffen. Im Oktober waren es 4,038 Millionen, rund 120 000 Arbeitsplätze mehr als ein Jahr zuvor.

Auch IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sieht kurzfristig keine größeren konjunkturellen Probleme auf die deutsche Metall- und Elektroindustrie zukommen. Die ökonomischen Grunddaten seien alle positiv gestellt, es gebe aber erhebliche externe Risiken wie den Brexit, den Handelskonflikt zwischen USA und China oder die Unsicherheiten um die Stabilität der Europäischen Union.

Die ohnehin schon gute Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird sich nach Einschätzung des IW weiter verbessern. Bauwirtschaft und Handwerk wollten zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Auch Auto- und Maschinenbauer sowie Speditionen planten mit mehr Beschäftigten. Einen Stellenabbau dürfte es hingegen in der Finanz- und Versicherungswirtschaft geben. „Alles in allem wird die Beschäftigung in Deutschland im Jahr 2019 einen neuen Rekordwert anpeilen.“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag erwartet, dass 500 000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Das sei ein nicht mehr ganz so hoher Zuwachs wie in den Vorjahren, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Wir rechnen mit einem schwächeren Wachstum.“

Das Weltwirtschaftsklima kühle sich ab. „Die Sorgen der Unternehmen werden größer. Die akute Gefahr einer Rezession sehen wir nicht, die Luft wird aber dünner“, sagte Schweitzer. „Ich glaube, wir hatten selten wirtschaftlich so viel Unsicherheit wie zurzeit: Brexit, Handelsstreitigkeiten, instabile Lage in Italien oder der Türkei, Konflikte im Nahen Osten, drohende Autozölle der USA.“ Der alles überragende Handelskonflikt aber sei der zwischen den USA und China.

Im Zuge eines langsameren Wirtschaftswachstums und steigender Zinsen könnte die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland erstmals seit Jahren wieder zunehmen. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet für das kommende Jahr mit einem leichten Anstieg um rund 100 Fälle auf 20 000 Insolvenzen. Der Kreditversicherer Euler Hermes geht davon aus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen 2019 nicht weiter sinken werde. Nach neun Jahren des Rückgangs werde zunächst eine Stabilisierung erwartet. Steigende Insolvenzzahlen seien dann vor allem für das Jahr 2020 nicht auszuschließen.

(dpa)
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