Abwasser-Sanierung Reparatur im Untergrund

Illingen · Die Illinger Firma Karo-San saniert defekte Kanäle unterirdisch ohne aufwändige Gräben. Der Bedarf ist nicht nur in Deutschland riesig.

 Werner Zimmer, Geschäftsführer von Karo-San, und seine Frau Rita Guthörl in der Werkshalle in Landsweiler. Die eiförmigen Rohr-Elemente werden dort für die Montage vorbereitet und getestet.

Werner Zimmer, Geschäftsführer von Karo-San, und seine Frau Rita Guthörl in der Werkshalle in Landsweiler. Die eiförmigen Rohr-Elemente werden dort für die Montage vorbereitet und getestet.

Foto: Oliver Dietze

Während deutschlandweit über marode Straßen und Brücken diskutiert wird, liegt im Boden eine weitere Zeitbombe – ein Großteil des deutschen Kanalsystems muss dringend saniert werden. Knapp 20 Prozent der fast 600 000 Kanalkilometer in Deutschland haben mittlere oder größere Mängel, zeigt eine Umfrage der Deutschen Vereinigung für  Wasserwirtschaft, Wasser und Abfall (DWA) aus dem Jahr 2015. Gerade einmal zwei Drittel der unterirdischen Rohre sind demnach unter 50 Jahre alt, knapp ein Viertel hat sogar 75 Jahre und mehr auf dem Buckel.

„Wenn man mit der Kamera durch die Kanäle fährt, sieht man die unterschiedlichsten Schäden“, sagt Werner Zimmer. Gebrochene Rohre, Wurzeln, die sich in den Kanal gebohrt haben, teilweise auch Kompletteinbrüche des Kanals. Schäden, von denen Zimmer mit seiner Firma Karo-San aus Illingen lebt. Denn er hat ein System entwickelt, mit dem marode Kanäle repariert werden können. Und das, ohne aufwändig Gräben zu ziehen. „Häufig reichen die Schächte zwischen den einzelnen Kanalabschnitten aus, um Rohrsysteme zu sanieren“, sagt er.

Erst vor zwölf Jahren hat Zimmer sich mit seiner Firma Karo-San selbstständig gemacht. Davor hatte der gelernte Maschinenbauer und technische Zeichner schon viele Jahre im Rohrleitungsbau gearbeitet. Mit der Firmengründung hat er sich dann allerdings vollständig seinem Spezialgebiet – der grabenlosen Rohrsanierung – gewidmet.

Zimmer, der seine Firma mit 51 Jahren in einem Alter gegründet hat, in dem andere schon die Rente im Blick haben, hat dafür ein eigenes System entwickelt, mit dem auch Kanäle von rund 300 Meter Länge erneuert werden können. Während dabei mit einer Kraft von bis zu 90 Tonnen ein speziell geformter Bohrkopf durch den Kanal gezogen wird, um diesen wieder in Form zu bringen, werden von der anderen Seite Rohrmodule mit ebenfalls hohem Druck in den neu entstandenen Hohlraum gepresst.

Was einfach klingt, ist aber technisch anspruchsvoll: Wie genau müssen beispielsweise die Übergänge der Rohrmodule gefräst sein, damit sie dicht ineinander greifen? Welcher Druck ist nötig, um die Rohre einzupressen? Wie hoch darf er sein, bevor das Material leidet? Und wie müssen die hydraulischen Pressen konstruiert sein, die diesen Druck aufbauen?

Weil Zimmer sich intensiv mit den Antworten auf diese Fragen beschäftigt hat, ist er mit seiner patentierten Technik mittlerweile weltweit gefragt. „An Aufträgen mangelt es nicht, wir haben gar nicht die Kapazität, sie alle anzunehmen“, sagt Zimmer, dessen Unternehmen 22 Mitarbeiter beschäftigt und einen Umsatz von über vier Millionen Euro im Jahr macht. Um die Kapazität auszuweiten, will er jetzt in der angegliederten Werkshalle in Schiffweiler eine Roboter-Anlage installieren, mit der die Kanal-Module schneller gefertigt werden können. Doch der Engpass ist weniger die Fertigung, es sind vor allem die Mitarbeiter: „Wir könnten leicht fünf weitere Mitarbeiter einstellen“, sagt Zimmers Frau und Prokuristin Rita Guthörl. „Aber wenn Bewerber hören, dass sie auf Montage gehen müssen, winken die meisten gleich ab“, sagt sie. Zwar findet auch in der Zentrale im Illinger Ortsteil Welschbach ein Großteil der Planung statt, aber entscheidend ist dann eben besonders die Arbeit vor Ort: „Pro Jahr bauen wir rund 5000 Module ein“, sagt Zimmer.

Die Sanierungs-Technik aus Illingen wird bald auch in Australien zum Einsatz kommen – nach einem ersten Kontakt auf der Münchner Umweltmesse Ifat und einem längeren Besuch im Saarland hat sich die auf Leistungssanierung spezialisierte, australische Firma Interflow für ein Pilot-Projekt mit Karo-San in Sidney entschieden. „Und wenn das Projekt dann funktioniert, wovon wir ausgehen, werden sie exklusiv unsere Technik in Australien einsetzen“, sagt Zimmer.

Das Unternehmen, das neben der Rohrsanierung auch noch Speziallösungen beispielsweise zur Entwässerung von Mülldeponien oder zum Grundwasser-Management anbietet, ist zwar weltweit gefragt, im Saarland dagegen hat Karo-San wenige Aufträge: „Der Prophet ist im eigenen Land nicht gefragt“, sagt Guthörl. Arbeit gäbe es allerdings auch hierzulande reichlich: Erst vor einem Jahr hat die Stadt Saarbrücken angekündigt, 26 Millionen Euro für die Kanalsanierung zu investieren. Auch der Entsorgungsverband Saar (EVS), der angibt, dass zehn Prozent der eigenen Kanäle über 50 Jahre alt sind, arbeitet aktuell eine Sanierungsstrategie für die kommenden Jahre.

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