„Sure“ Von der Leyens „Marshall-Plan“

Brüssel · Die EU-Kommission macht 100 Milliarden Euro Schulden für ein europäisches Kurzarbeitergeld. Das Programm trägt den Namen „Sure“.

 Kurzarbeitergeld_in_Europa

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Foto: SZ/Steffen, Michael

Schon seit Beginn der Coronavirus-Krise steht Ursula von der Leyen einmal am Tag vor der Kamera. Abseits vom üblichen Betrieb in ihrem Haus präsentiert die Kommissionspräsidentin dann vor wechselndem Hintergrund kurze Statements in drei Sprachen, die vor allem eines sagen sollen: „Wir haben alles, was möglich ist, getan, um die europäischen Länder dazu zu bringen, wie ein Team zu handeln und eine gemeinsame Antwort auf ein gemeinsames Problem zu gewährleisten.“ So drückte sie ihre zentrale Botschaft am Donnerstag in der italienische Zeitung La Republicca aus.

Und wie zur Bestätigung legte die CDU-Politikerin dann gestern nach: Um „die stärksten Antworten“ zum Abwenden der wirtschaftlichen Folgen der Krise zu geben, werde „jeder verfügbare Euro im Haushalt umgelenkt, jede Regel gelockert, damit die Mittel schnell und effektiv fließen können“. Es gehe um nicht weniger als einen europäischen „Marshall-Plan“.

Die Brüsseler EU-Verwaltung will nun tatsächlich klotzen und nicht kleckern. 100 Milliarden Euro könnte die Kommission selbst am Finanzmarkt aufnehmen, die Mitgliedstaaten sollen den Kredit mit 25 Milliarden Euro als Bürgen absichern. Das neue Solidaritätsinstrument wäre ein Beitrag dazu, „Menschen im Job und Unternehmen zu halten“. Das Programm „Sure“ wirkt wie ein europäisches Kurzarbeiter-Geld. „Unternehmen können die Arbeitszeit der Beschäftigten vorübergehend reduzieren oder die Arbeit ganz einstellen, wobei der Staat für die nicht geleisteten Stunden eine Einkommensunterstützung gewährt“, heißt es in der Mitteilung der EU-Behörde.

Selbstständige würden einen Einkommensersatz erhalten. Bauern und Fischer sollen „ebenso wie die Bedürftigsten“ auf Unterstützung zählen können. Die besonders von der Coronavirus-Krise betroffenen Staaten Italien, Spanien und Griechenland bekämen zusammen im Höchstfall 60 Milliarden Euro. Das Programm wird auf die Zeit der Covid-19-Krise begrenzt. Quer durch alle Fraktionen des Europa-Parlamentes gab es dazu viel Unterstützung.

„‚Sure’ ist kein Einstieg in die Europäisierung der Sozialpolitik, sondern eine zweckgebundene Kreditunterstützung“, sagte der liberale EU-Parlamentarier Moritz Körner gegenüber unserer Zeitung. Auf eine Befristung hatte der CSU-Haushaltsexperte und Europa-Abgeordnete Markus Ferber zuvor gedrängt. „Es braucht strikte Leitplanken und eine Konzentration auf die Zeit der Krise. Sonst besteht die Gefahr, einen allgemeinen und permanenten Transfer-Mechanismus zu schaffen.“ Und das will tatsächlich niemand.

Von der Leyen braucht für ihren Plan die Zustimmung des Europäischen Parlamentes und der Mitgliedstaaten. Doch die sind gerade noch mit der Frage beschäftigt, welches Instrument wohl am besten zu den anstehenden Herausforderungen passen könnte. Euro-Bonds werden zwar von den südlichen Regierungen favorisiert, von Deutschland sowie den Niederlanden und etlichen weiteren Mitgliedstaaten aber abgelehnt.

Allerdings überraschte der niederländische Premierminister Mark Rutte am Donnerstag mit der Idee, Corona-Bonds alleine für die horrenden medizinischen Mehrausgaben der Mitgliedstaaten aufzulegen. Wirtschaftliche Belastungen sollten damit nicht abgedeckt werden können.

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