Deutsche Umwelthilfe fordert Zwangshafdt für bayerische Spitzenpolitiker Deutsche Umwelthilfe will Zwangshaft für Politiker

Luxemburg · Eine mögliche Zwangshaft für bayerische Spitzenpolitiker wegen ausbleibender Auto-Fahrverbote und anderer Luftreinhaltemaßnahmen beschäftigt an diesem Dienstag die höchsten EU-Richter. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof will vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg wissen, ob nach EU-Recht Haft gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und andere bayerische Amtsträger angeordnet werden kann oder gar muss.

Ziel der Zwangshaft wäre, die Regierung zur Umsetzung eines rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts München aus dem Jahr 2012 zu zwingen. Darin war die bayerische Staatsregierung nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) verpflichtet worden, den Luftreinhalteplan für München so zu ändern, dass die Werte von Stickstoffdioxid „schnellstmöglich“ eingehalten werden können. Der Verwaltungsgerichtshof beklagte in seinem Vorabentscheidungsersuchen an die EuGH-Richter, die bayerische Regierung sei dieser Verpflichtung trotz zweier Zwangsgelder – die vom Freistaat an den Freistaat entrichtet wurden – nicht nachgekommen. Ein Zwangsgeld sei nur die Überweisung eines Betrages von einer Buchungsstelle des Staatshaushaltes zu einer anderen Buchungsstelle. „Ein Einlenken des Vollstreckungsschuldners (der bayerischen Regierung) ist auch weiter nicht zu erwarten“, heißt es in dem Ersuchen an den Europäischen Gerichtshof. Bei der mündlichen Verhandlung vor der mit 15 Richtern besetzten großen Kammer des EuGH geht es um die Frage, ob die Zwangshaft gegen politische Amtsträger aus Gründen des Europarechts verhängt werden könne oder gar müsse. Nach einem Urteil des EuGH von 2014 sind die Gerichte der EU-Staaten verpflichtet, „jede erforderliche Maßnahme zu erlassen“, um die Einhaltung der europäischen Luftreinhalterichtlinie sicherzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof will eine Klärung durch den EuGH, weil das deutsche Recht in seiner Ausdeutung durch das Bundesverfassungsgericht die Verhängung von Zwangshaft gegen Amtsträger nicht vorsehe. Die Weigerung einer Regierung, ein Gerichtsurteil umzusetzen, betreffe auch grundsätzliche Fragen der Rechtsstaatlichkeit und des EU-Rechts. Die „Nichtbefolgung rechtskräftiger Entscheidungen durch die öffentliche Gewalt“ sei „auch mit dem Recht der EU unvereinbar“. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erwägt Zwangshaft nicht nur gegen Ministerpräsident Söder und Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), sondern auch gegen leitende Beamte des Ministeriums und der Regierung von Oberbayern. Das sei nötig, weil Mitglieder der Staatsregierung im Regelfall als Landtagsabgeordnete durch Immunität geschützt seien. Die Vollstreckung des Urteils von 2012 könne dann weiter unmöglich sein. Wegen der Bedeutung der Gesundheit sei „ein zeitlich begrenzter Eingriff in die persönliche Fortbewegungsfreiheit von Amtsträgern“ – der maximal sechs Monate dauern dürfte – „nicht als unangemessen“ anzusehen.

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