Berufsausbildungsbeihilfe Zuschüsse für Azubis sollen steigen

Berlin · Lehrlinge sollen künftig spürbar mehr Geld vom Bund bekommen, wenn ihre Ausbildungsvergütung nicht zum Leben reicht.

 Manche Spezialausbildungen – wie die des Pinselmachers – erfordern weite Anfahrten. Dafür soll es künftig mehr Hilfen geben.

Manche Spezialausbildungen – wie die des Pinselmachers – erfordern weite Anfahrten. Dafür soll es künftig mehr Hilfen geben.

Foto: dpa-tmn/Daniel Karmann

Der Bundestag will Lehrlinge künftig deutlich stärker finanziell unterstützen. Am heutigen Donnerstag will das Parlament ein Gesetz zur Berufsausbildungsbeihilfe verabschieden. Es sieht eine spürbare Erhöhung der Zuschüsse für Lehrlinge vor, deren Ausbildungsvergütung nicht zum Leben reicht. Der Opposition geht die Neuregelung allerdings nicht weit genug.

Viele Auszubildende müssen für ihre Lehre erhebliche Belastungen auf sich nehmen. Liegt der Ausbildungsbetrieb beispielsweise weit vom Elternhaus entfernt, müssen sie eine eigene Wohnung anmieten. Doch damit beginnen für viele Jugendliche die finanziellen Probleme. Häufig reicht der Lehrlingslohn nicht aus, um sich neben der Unterkunft auch noch die tägliche Verpflegung oder die Fahrten nach Hause leisten zu können. In solchen Fällen springt der Staat ein.

Die Höhe dieser sogenannten Berufsausbildungsbeihilfe hängt vom jeweils individuellen Gesamtbedarf, den eigenen Haushaltseinkünften und denen der Eltern ab. Dabei folgt die Einkommensanrechnung grundsätzlich den Bafög-Regelungen für Studenten. Mitte Mai hatte der Bundestag eine kräftige BaföG-Aufstockung beschlossen. Auf eine von vielen geforderte automatische Dynamisierung der Leistungen – zum Beispiel in Höhe der jeweils aktuellen Inflationsrate – wurde dabei allerdings verzichtet.

Nun sollen auch die Auszubildenden von der Reform profitieren. Nach der Vorlage, die der Bundestag heute abschließend behandeln will, steigt ab dem 1. August zum Beispiel die maximale Leistung für den Grundbedarf von 372 auf 391 Euro. Spürbar erhöht wird auch der Zuschuss für die Unterkunft. Die Reform ist dringend notwendig, denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Azubis in Erstausbildung, die entsprechende Beihilfen erhalten, von rund 119 000 auf knapp 56 000 mehr als halbiert. Die staatlichen Ausgaben für die Zuschüsse gingen im gleichen Zeitraum von 394 Millionen auf 172 Millionen Euro zurück. Das räumte die Bundesregierung jetzt auf eine Anfrage der Linken ein. Deren Arbeitsmarktexpertin Sabine Zimmermann sieht darin einen Beleg dafür, dass die Berechnungskriterien für die Förderung regelmäßig überprüft werden müssen: „Wenn die Fördersätze nicht kontinuierlich angepasst werden, fallen zwangsläufig immer mehr Menschen aus der Förderung heraus“. Auch die aktuelle Reform werde nur die Inflation ausgleichen, wie die die Regierung selbst eingeräumt habe, so Zimmermann.

Dass der geplante Mindestlohn für Azubis die reformierte Berufsausbildungsbeihilfe überflüssig machen könnte, ist nach Berechnungen der Linken nicht zu erwarten. Demnach kommt ein Betroffener bei Ausschöpfung aller Leistungen auf einen Förderbetrag von 730 Euro zuzüglich Fahrtkosten. Die bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Mindestausbildungsvergütung soll dagegen ab 2020 im ersten Lehrjahr 515 Euro betragen und bis 2023 auf 620 Euro steigen. Damit läge die Mindestvergütung deutlich unterhalb des Höchstfördersatzes der Berufsausbildungsbeihilfe.

Die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen, Corinna Rüffer, kritisierte die Vorlage zu den Beihilfen noch aus einem anderen Grund: „Beschäftigte in Werkstätten arbeiten aktuell für durchschnittlich 213 Euro pro Monat - in Vollzeit“. Mit einer solchen Lohnhöhe fühle man sich kaum gesellschaftlich wertgeschätzt. Zwar finde sich in dem Gesetz eine Erhöhung des Grundlohns wieder. „Sie greift aber leider zu kurz, besonders wenn die Erhöhung über mehrere Jahre gestaffelt wird“, erläuterte Rüffer. Damit hätten die betroffenen Menschen nach fünf Jahren dann lediglich 37 Euro mehr in der Tasche. „Das werden sie kaum spüren“, befand Rüffer.

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