Arbeitsmarkt Geld gegen die Konjunkturflaute

Berlin · Brauchen die Unternehmen bald schon wieder Kurzarbeitergeld? Die Bundesagentur für Arbeit spielt das Szenario schon einmal durch.

 Wenn die Firmen zu wenige Aufträge haben, kann die Bundesagentur für Arbeit für Kurzarbeitergeld über die Flaute helfen.

Wenn die Firmen zu wenige Aufträge haben, kann die Bundesagentur für Arbeit für Kurzarbeitergeld über die Flaute helfen.

Foto: dpa/Christian Charisius

Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte. Aber wie lange noch? Die Bundesagentur für Arbeit (BA) spielt bereits Szenarien für einen deutlichen Anstieg der Kurzarbeit durch.

Mit nur 4,9 Prozent lag die Arbeitslosenquote im Mai erneut auf einem historischen Tiefstand. Doch die konjunkturellen Eintrübungen sind unübersehbar. Zuletzt rechnete die Bundesregierung für 2019 nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent. Das wäre lediglich gut ein Drittel des Vorjahreswertes. Bereits seit Mitte 2018 hat sich der Rückgang der Erwerbslosigkeit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verlangsamt. Auch die Nachfrage vieler Betriebe nach neuen Mitarbeitern ist rückläufig.

Wenn die Wachstumsprognosen revidiert würden, dann werde das „mit Verzögerung auch am Arbeitsmarkt spürbar“, sagte BA-Chef Detlef Scheele am Dienstag in einem Interview. Aktuell steige bei Firmen im verarbeitenden Gewerbe der Beratungsbedarf im Hinblick auf eine mögliche Kurzarbeit, erläuterte der Experte. Daher werde in hausinternen Szenarien untersucht, „ob wir in der Lage wären, bei Bedarf kurzfristig sehr viel Kurzarbeitergeld auszuzahlen“.

Grundsätzlich gewährt die BA Kurzarbeitergeld in Ergänzung zum verringerten Lohn, wenn die betriebsübliche Arbeitszeit für Beschäftigte aus bestimmten Gründen beschnitten wird. Das kann ein witterungsbedingter Auftragsmangel sein, wie er in der Baubranche regelmäßig vorkommt. Es gibt aber auch das sogenannte konjunkturelle Kurzarbeitergeld, mit dem unvorhersehbare wirtschaftliche Probleme des Unternehmens abgefedert werden können. Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des Nettolohns, der dem Beschäftigten wegen der geringeren Arbeitszeit entgangen ist. Es wird für bis zu zwölf Monate gewährt, in außergewöhnlichen Situationen auch bis zu 24 Monate. Auf diese Weise sollen Massenentlassungen verhindert werden.

Durch den massiven Ausbau dieser Leistung war Deutschland vor rund einem Jahrzehnt vergleichsweise glimpflich aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise gekommen. Wegen des ökonomischen Einbruchs hatten hierzulande zeitweilig mehr als 1,5 Millionen Beschäftigte die Arbeitszeit verkürzt bekommen. Davon ist man heute jedoch weit entfernt. So geht die Bundesagentur für Arbeit nach eigenen Angaben aktuell von lediglich 33 620 konjunkturell bedingten Kurzarbeitern aus. Betroffen sind 1817 Unternehmen.

Der Arbeitsmarktexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Karl Brenke, begrüßte die Haltung der BA, einem möglichen Problem nicht unvorbereitet gegenüberzustehen. „Im Gegensatz zu anderen Ländern wie Spanien oder Griechenland war die Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland nur relativ kurz“, sagte Brenke unserer Redaktion. Dank der Ausweitung des Kurzarbeitergeldes hätten die Unternehmen damals auch „gleich mit voller Kraft starten können, als die Aufträge wieder da waren, anstatt sich erst einmal mehr Personal zu suchen“. Diese positiven Erfahrungen ließen sich auch für einen nächsten Abschwung nutzen.

BA-Chef Scheele stellte allerdings auch klar, dass das Entlassungsrisiko „noch nie so gering wie heute“ gewesen sei. Viele Unternehmen hielten wegen des Fachkräftemangels an ihren Mitarbeitern fest. So bleibe er „trotz einer sich eintrübenden Konjunktur vorsichtig optimistisch für den Arbeitsmarkt“, erklärte Scheele.

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