Deutscher Mieterbund gegen Enteignungen „Vergesellschaftungen bringen nichts“

Berlin · Der Präsident des Deutschen Mieterbundes geht auf Distanz zur Bundesregierung.

 Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.

Foto: picture alliance / dpa/Bernd Bohlen/Mieterbund

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) plädiert für die Enteignung privater Wohnungsunternehmen als „letztes Mittel“, um rasant steigenden Mieten einen Riegel vorzuschieben. Der Präsident des Deutschen Mieterbundes ist im Interview skeptisch.

Rennt die Ministerin mit ihrem Vorstoß beim Mieterbund offene Türen ein?

SIEBENKOTTEN Vergesellschaftungen von Grund und Boden, die wie Enteignungen abgewickelt werden, sind nach Artikel 15 des Grundgesetzes prinzipiell möglich. Das ist keine marxistische Spinnerei oder „DDR-Methode“, wie Kritiker meinen. Die Frage bleibt, wie man zu bezahlbarem und genügend vorhandenem Wohnraum kommt. Da ist durch Vergesellschaftungen nichts gewonnen.

Warum?

SIEBENKOTTEN Durch Vergesellschaftungen entsteht keine einzige neue Wohnung. Außerdem werden dabei Entschädigungen fällig. Dieses Geld muss der Steuerzahler aufbringen. Das kann kein vorrangiges Ziel sein, zumal dieses Geld besser im Wohnungsneubau angelegt wäre. Wesentlich wichtiger ist, zu bauen und den Mietpreisanstieg im Bestand zu dämpfen.

Der Wohnungskonzern Deutsche Wohnen hat sich zu einer eigenen Mietobergrenze verpflichtet. Ist das der bessere Weg?

SIEBENKOTTEN Die Deutsche Wohnen war der Auslöser der Enteignungsdebatte. Ohne diese Debatte hätte sich der Konzern sicher nicht zu einer Mietbegrenzung bekannt. Wenn die Deutsche Wohnen ihren Worten Taten folgen ließe, könnte das ein Vorbild für andere Wohnungsunternehmen sein. Das ist der bessere Weg als Vergesellschaftungen.

Bis zum Spätsommer will Lambrecht einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Mietpreisbremse vorlegen. Haben Sie noch Vertrauen in dieses Instrument?

SIEBENKOTTEN Ja, wir als Deutscher Mieterbund haben die Mietpreisbremse zuerst gefordert. Allerdings ist sie nicht gut gemacht. Es gibt zahlreiche Ausnahmen, und die Länder müssen entscheiden, welche ihrer Kommunen darunter fallen sollen. Sachsen zum Beispiel lehnt die Mietpreisbremse generell ab. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

Was nützen alle Anstrengungen zur Mietpreisbegrenzung, wenn die neu reformierte Grundsteuer unterm Strich womöglich zu neuen Mehrbelastungen für Mieter führt?

SIEBENKOTTEN Diese Gefahr ist vorhanden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Grundsteuer, die am Eigentum klebt, nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden darf.

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