Deutlich mehr Geld für Metaller

Köln/Frankfurt · 2,8 Prozent mehr Lohn in diesem Jahr, weitere zwei Prozent im nächsten Jahr und eine Einmalzahlung – darauf haben sich die Tarifpartner bei den Pilot-Verhandlungen in Nordrhein-Westfalen geeinigt.

 Handschlag nach der Einigung: der Verhandlungsführer der IG Metall, Knut Giesler (l.), und der Präsident des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, Arndt Kirchhoff. Foto: dpa

Handschlag nach der Einigung: der Verhandlungsführer der IG Metall, Knut Giesler (l.), und der Präsident des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, Arndt Kirchhoff. Foto: dpa

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Am Ende waren nicht alle Beteiligten ganz zufrieden, trotzdem lobten alle gestern Morgen den ausgehandelten Kompromiss - die IG Metall und die Arbeitgeber aus Nordrhein-Westfalen sowie die Bundesspitzen, die Pilotverhandlungen stets eng begleiten. "Der Abschluss ist ein solider Dreiklang von Laufzeit, Entgelt und Wettbewerbskomponenten", lobt Rainer Dulger, Präsident des Bundesverbandes Gesamtmetall, das Ergebnis der Marathonsitzung. Und IG Metall-Chef Jörg Hofmann ergänzt: "Die Gefahr einer Eskalation haben wir abgewendet und die Beschäftigten erhalten eine faire Bezahlung."

Die rund 3,8 Millionen Beschäftigten der Schlüsselindustrien Metall und Elektro erhalten bald deutliche Lohnzuwächse. Der Tarifvertrag sieht mehr Entgelt in zwei Stufen und eine Einmalzahlung vor. Der rückwirkend vom 1. April geltende Vertrag enthält zunächst eine Einmalzahlung von 150 Euro für die drei Nullmonate bis Juni. Danach greift am 1. Juli die erste Stufe von 2,8 Prozent. Die zweite Stufe von 2,0 Prozent gilt dann ab dem 1. April 2017 bis zum Jahresende. Bei aktuell praktisch nicht vorhandener Inflation schlägt die Erhöhung nahezu komplett auf den Geldbeutel der Beschäftigten durch.

IG Metall und Arbeitgeber einigten sich zudem auf Ausnahmeregeln für wirtschaftlich schwächere Unternehmen. So kann die Einmalzahlung ganz wegfallen oder verschoben werden. Die zweite Tarifstufe könne im Einzelfall drei Monate später greifen. Erstmals seit sechs Jahren sind solche Ausnahmen wieder in einem Abschluss verankert.

Der Pilotabschluss für das Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen soll nun schnell auch auf die übrigen Regionen übertragen werden. Nur wenige Stunden nach dem Durchbruch in Köln zog bereits der Bezirk Mitte nach. Das Ergebnis von Nordrhein-Westfalen wird demnach auch in der Metall- und Elektroindustrie von Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland übernommen. "Wir haben eine tragfähige Lösung für die meisten Mitgliedsbetriebe erreicht", sagte Dirk Demmer, tarifpolitischer Sprecher des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes. "Der Tarifvertrag ist ein akzeptabler und vernünftiger Kompromiss", sagte Jörg Köhlinger, Verhandlungsführer der IG Metall im Bezirk Mitte.

Im Arbeitgeberlager wurden aber zumindest Zweifel an der Höhe des Abschlusses laut. Am Ende der Laufzeit von 21 Monaten stehe ein zusätzlicher Kostenblock von zehn Milliarden Euro, beklagte Gesamtmetallchef Rainer Dulger. Die jährlichen Steigerungsraten sind laut Gesamtmetall mit 2,45 Prozent auf die Laufzeit zwar geringer ausgefallen als in den vergangenen Jahren, müssen aber auch erst einmal verdient werden.

Die vereinbarten Lohnerhöhungen seien "ein Vorschuss auf eine ungewisse Zukunft", sagte Thilo Brodtmann vom VDMA, dem Verband der Maschinenbauer. "Die Lohnerhöhungen tragen zur weiteren Verschärfung unserer Wettbewerbssituation bei." Seinen Mitgliedsfirmen will der Verband empfehlen, die vereinbarten Sonderregeln zu nutzen, mit denen die Kostensteigerungen um etwa zehn Prozent abgemildert werden können.

Meinung:

Nicht nur pure Freude

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Die Gewerkschaft hat eine Menge herausgeschlagen für die Metaller. Und der deftige Zuschlag kommt bei den Beschäftigten angesichts der Nullinflation voll an. Das wird die Arbeitnehmer freuen. Doch wie lange die Freude anhält, ist noch offen. Denn der Abschluss hat für so manche Unternehmen, gerade für die kleineren, die Schmerzgrenze erreicht, wenn nicht schon überschritten. Die Betriebe verlieren zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. Und das wirkt sich irgendwann auf die Zahl der Jobs aus. Inzwischen investieren viele Unternehmen vorrangig im Ausland. Die vereinbarten Sonderregeln für schwächere Firmen bringen da nur wenig Entlastung. Bei den nächsten Tarifrunden wird die IG Metall wieder mehr darauf achten müssen, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben.

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