US-Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium Der Handelskrieg ist da

Washington/Brüssel · Mit seinen Zöllen auf Stahl und Aluminium hat US-Präsident Trump den Konflikt mit der EU gestartet. Jetzt ist die Lage für den Welthandel ernst.

 Die USA verhängen künftig Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Unser Bild zeigt Stahlbleche.

Die USA verhängen künftig Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Unser Bild zeigt Stahlbleche.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Nach zwei Schonfristen ist es soweit: Jetzt gelten US-Sonderzölle auf Einfuhren von Stahl (25 Prozent) und Aluminium (zehn Prozent) aus der EU. Auch Mexiko und Kanada – größter Stahllieferant der USA – fallen darunter.

Warum verhängen die USA die Zölle?

Das übergeordnete Ziel von US-Präsident Trump ist es, das enorme Handelsdefizit der USA zu verringern. Er will mehr Produkte im eigenen Land fertigen lassen. Außerdem wirft er den Europäern vor, eigene Handelsschranken aufzubauen, nicht zuletzt durch Datenschutz. Dies ist vor allem für große und mächtige US-Internetunternehmen wie Google oder Facebook ein Thema. Offiziell ist die Begründung: Die hohe Importquote bei Stahl und Aluminium gefährde die Nationale Sicherheit der USA – ein Argument, das viele Experten für vorgeschoben halten.

Was wollen die Amerikaner von den Europäern?

Handelsminister Wilbur Ross verweigerte auf mehrmaliges Nachfragen von Journalisten eine Antwort. Es gebe einige weitere Themen, die diskutiert werden müssten, sagte er nur. Die EU-Kommission hatte erklärt, dass sie nur zu Verhandlungen bereit sei, wenn Europa von den Zöllen ausgenommen werde. „Diese Bedingung wollten wir nicht akzeptieren“, sagte Ross und fügte vorbeugend hinzu: „Wenn jemand Vergeltung übt, heißt das nicht, dass man nicht verhandeln kann.“

Sind damit Zölle auf Autos aus Deutschland vom Tisch?

Die besonders in der Bundesrepublik mit sehr viel Argwohn beäugten Äußerungen von Donald Trump über Einfuhrbeschränkungen für Autos werden offensichtlich als Faustpfand genutzt. Auch Ross ließ durchblicken, Autos beinhalteten ja auch Stahl und Aluminium.

Wie wird die EU jetzt reagieren?

Mit Vergeltungszöllen. Sie sollen unter anderem auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans und Tabakprodukte erhoben werden. Auch amerikanische Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzollsatz auf all diese Produkte würde 25 Prozent betragen.

Wie schnell könnte die Vergeltung kommen?

Frühestens am 20. Juni. Das liegt daran, dass die EU die möglichen Vergeltungszölle erst am 18. Mai bei der Welthandelsorganisation WTO angemeldet hat. Vor der Einführung der Vergeltungszölle soll es auch noch einmal Beratungen der Mitgliedstaaten geben.

Wie funktionieren solche Vergeltungszölle?

Die möglichen EU-Zusatzzölle wurden so konzipiert, dass sie in etwa den Schaden ausgleichen würden, der der EU durch die US-Zölle entstehen dürfte. Unter dem Strich geht es nach EU-Berechnungen um 1,6 Milliarden US-Dollar.

Wie wurden die Produkte ausgewählt?

Auch wenn es offiziell niemand bestätigt: Es geht auch um politischen Druck. So finden sich auf der Vergeltungszoll-Liste Produkte, die für die Wahlkreise von Unterstützern von Trump wirtschaftlich interessant sind. So hat der Motorrad-Hersteller Harley-Davidson seinen Sitz in Wisconsin und damit in dem Bundesstaat, aus dem der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, stammt. Bourbon-Whiskey wird vor allem in Tennessee sowie in Kentucky produziert – der Heimat des einflussreichen Republikaners Mitch McConnell.

Sind neben den Vergeltungszöllen weitere Reaktionen denkbar?

Zusätzlich will die EU-Kommission sicherstellen, dass die US-Strafzölle nicht dazu führen, dass nun Dumping-Stahl aus China den EU-Markt überflutet. Bei einem entsprechenden Anstieg der Importe will sie Schutzmechanismen vorschlagen. Zudem wurde am Freitag bei der Welthandelsorganisation WTO ein Klageverfahren eingeleitet.

Könnte die Welthandelsorganisation WTO die US-Zölle stoppen?

Die WTO entscheidet selbst nicht, was legal ist und was nicht. Sie bietet Mitgliedsländern nur ein Forum, in dem sie Streitigkeiten beilegen können. Voraussichtlich wird nun ein Panel mit unabhängigen Streit­schlichtern feststellen, wer Recht hat: die USA, die behaupten, die Zölle seien wegen der nationalen Sicherheit nötig, oder alle anderen, die darin illegale Maßnahmen sehen, um die heimische Wirtschaft vor internationaler Konkurrenz zu schützen. Nach den WTO-Regeln kann das von der EU beantragte Panel frühestens im September starten. Solche Fälle können Jahre dauern.

Wird aus dem Handelsstreit ein Handelskrieg?

Die EU-Staaten dürften vor der Einführung der Vergeltungszölle noch einmal versuchen, Trump zum Einlenken zu bewegen. Gelegenheit dazu gibt es beispielsweise beim G7-Gipfel Ende kommender Woche in Kanada. Die Erfolgsaussichten dürften allerdings gering sein, weil Trump einen Gesichtsverlust befürchten müsste.

Wird der Handelsstreit Auswirkungen auf die Verbraucher haben?

Wenn die EU die Vergeltungszölle verhängt, könnten die betroffenen US-Produkte teurer werden – also beispielsweise Motorräder und Whiskey. Wer sich also den Traum von einer Harley Davidson erfüllen will oder ein großer Fan von Bourbon-Whiskey ist, wäre gut beraten, sie jetzt einzukaufen.

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