Saarbrücken Wenn Mietnomaden Chaos hinterlassen

Saarbrücken · Der Eigentümerverband Haus und Grund Saarland warnt vor einer wachsenden Zahl unseriöser Mieter. Der Mieterbund sieht die Sache ganz anders.

 So kann eine Wohnung aussehen, nachdem Mietnomaden ausgezogen sind.

So kann eine Wohnung aussehen, nachdem Mietnomaden ausgezogen sind.

Foto: bub/jw

Die neuen Mieter wirken am Anfang sympathisch, freundlich und vertrauensvoll. Ihre Vermieterin, eine Leserin der Saarbrücker Zeitung, ahnt nichts Böses. Erst im Laufe der Zeit wird der Frau klar, dass sie an Mietnomaden geraten ist: An Menschen, deren Absicht es von vornherein war, keine Miete zu zahlen und Chaos zu hinterlassen.

So wie in diesem Fall der SZ-Leserin aus Saarbrücken ergeht es auch anderen Vermietern im Saarland. Von durchschnittlich zwei bis drei Fällen im Monat spricht der Verband Haus und Grund Saarland. Doch er bekommt längst nicht alles mit. Die Dunkelziffern seien höher, heißt es. Das Phänomen Mietnomaden habe es schon immer gegeben, doch erst in den vergangenen Jahren sei es vermehrt aufgetreten. Aufgrund der „immer höheren Verschuldung“ der Haushalte und der „Verrohung der Gesellschaft“ rechnet Haus und Grund damit, dass es künftig noch mehr Fälle geben wird.

Zu den Opfern gehören meistens gutgläubige Vermieter. Bis zum Abschluss des Mietvertrags gibt es nach Darstellung von Haus und Grund kaum Probleme. Sobald der Mietvertrag unterzeichnet und die Wohnung in Besitz genommen wurde, ändert sich das. Es kommt zu unregelmäßigen oder verspäteten Mietzahlungen, Verschmutzung und Verwahrlosung der Wohnung sowie zu weiteren Verstößen gegen den Vertrag. Der Vermieter kann dann zwar das Mietverhältnis kündigen, doch die Probleme sind damit noch lange nicht gelöst: Laut Haus und Grund vergehen zwischen der Kündigung und der Vollstreckung der Zwangsräumung im Schnitt anderthalb Jahre.

Für betroffene Vermieter kann es richtig teuer werden. Die Kosten sind nach Angaben von Haus und Grund zwar nur vage abzuschätzen, da sie von verschiedenen Faktoren abhängig seien. Aber eine Räumungsklage könne zum Beispiel auch schon mal 2000 Euro verschlingen, wenn nicht sogar noch mehr. Eine Zwangsräumung koste zwischen 3000 und 10 000 Euro. Dazu komme oft die Entsorgung des Mülls für mindestens 1000 Euro.

Häufig schlössen Vermieter Verträge in aller Eile ab, so dass Fehler schon programmiert seien. Haus und Grund rät ihnen deshalb zu einer größeren Sorgfalt bei der Überprüfung ihrer Mietinteressenten. Vermieter sollten an eine Bonitätsabfrage, eine Kautionserhebung und eine Vermieter-Rechtsschutzversicherung denken.

Zu einer anderen Einschätzung als Haus und Grund kommt Kai Werner, Chef des Mieterbundes im Saarland. „Das ist kein großes Thema, weder bundesweit noch im Saarland“, sagt der Rechtsanwalt. Im Saarland gebe es „vielleicht alle zwei Jahre“ einen Fall. Betroffenen Vermietern empfiehlt er: Erstmal reden – und den Mieter fragen, aus welchen Gründen er nicht zahlt.„Wer nach dem Gespräch merkt, er hat einen Betrüger vor sich, sollte dann aber keine Zeit verlieren und handeln“, rät Werner. Im Mietrecht gebe es genügend Werkzeuge, um solche Fälle abzuarbeiten: Kündigung, Räumungsklage, Sicherungsanordnung. Eine Mietrechtsänderung zum besseren Schutz vor Mietbetrügern brauche es deshalb nicht. Die Fälle, die es im Saarland gibt, bezeichnet Werner als „minimale Ausreißer“. Nach seinen Beobachtungen ist keineswegs jeder, der zwei oder drei Mieten nicht bezahlt, gleich ein Mietbetrüger. Es passiere nämlich immer wieder, dass Mieter unverschuldet in die Situation kämen, die Miete nicht mehr zahlen zu können – aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder deshalb, weil sie der Partner verlassen hat.

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