Hotel- und Gaststättengewerbe Dehoga fordert von Politik Flexibilisierung der Arbeitszeit

Saarbrücken · (jwo) „Bei uns beginnt die Arbeit, wenn der Gast kommt, und endet, wenn er geht“, sagte Gudrun Pink heute anlässlich des Neujahrsempfangs des Dehoga-Saar. Die Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbandes im Saarland forderte deshalb eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes. Die aktuellen starren Regeln würden die Geschäftstätigkeit zu sehr behindern, sagte sie. „Bei Veranstaltungen, im Wochenend- oder Sommergeschäft wird Arbeitszeitflexibilität benötigt“, sagte Pink. Flexibilität bedeute dabei aber nicht, dass die Arbeitszeit verlängert werde, sondern, dass sie anders verteilt werden könne. „Sie bedeutet vielmehr, in Zeiten, in denen mehr Arbeit da ist, auch mehr zu arbeiten, und in anderen dafür weniger – unter Wahrung der Ruhezeiten und des Gesundheitsschutzes“, sagte sie.

 Gerade bei Veranstaltungen kann es nach Aussage der Gastwirte auch mal etwas länger werden. Sie fordern deshalb flexiblere Arbeitszeiten.

Gerade bei Veranstaltungen kann es nach Aussage der Gastwirte auch mal etwas länger werden. Sie fordern deshalb flexiblere Arbeitszeiten.

Foto: dpa/Tobias Hase

Seit Jahren Streitthema

Die Arbeitszeiten sind seit Jahren ein Streitthema zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft im Gastgewerbe. Vor allem bei Hochzeiten oder Firmenveranstaltungen könne der Gastwirt nicht die Gäste vorzeitig nach Hause schicken, weil die Mitarbeiter die Höchstarbeitszeit erreicht haben, argumentieren die Gastwirte. Für die zuständige Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) dagegen ist das kein Argument: „Jeder Auszubildende zu Hotelfachmann lernt schon heute, Veranstaltungen innerhalb gesetzlicher und tariflicher Regelungen zu planen“, sagte NGG-Geschäftsführer Mark Baumeister als Antwort auf die Forderungen des Saar-Dehoga. „Die immer wieder gebetsmühlenartig vom Dehoga vorgebrachten Beispiele, die eine Gesetzesänderung angeblich nötig machen, sind aus der Luft gegriffen und lange widerlegt.“

NGG strikt gegen Gesetzesänderung

Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes lehnt die Gewerkschaft kategorisch ab. Eine Umfrage unter NGG-Mitgliedern habe außerdem ergeben, dass diese eine Verlängerung der täglichen Höchstarbeitszeit ablehnen. Baumeister will den Arbeitgebern Branche stattdessen in den anstehenden Tarifverhandlungen die bereits vorhandenen Flexibilisierungsregeln näher bringen. Baumeister prangert dagegen schon jetzt bestehende Missstände bei den Arbeitszeiten an: „Die Realität ist, dass flächendeckend und immer wieder gegen gesetzliche und tarifliche Regelungen zur Höchstarbeitszeit verstoßen wird“, sagt er. Dieser Zustand in Verbindung mit niedrigen Einkommen ist schuld daran, das wir einen eklatanten Fachkräftemangel in der Branche zu beklagen haben. Pink allerdings bezeichnet die Rechtsverstöße als „Einzelfälle“.

Fachkräftemangel als Herausforderung

 Gudrun Pink, Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbandes an der Saar.

Gudrun Pink, Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbandes an der Saar.

Foto: Oliver Dietze

Den Fachkräftemangel allerdings bezeichnet auch Pink als eine große Herausforderung der kommenden Zeit. Hier habe aber die schon angestoßene Initiative einer Qualitätsausbildung im Dehoga Wirkung gezeigt. Die ersten Betriebe würden nächstens ausgezeichnet. Und die Absolventen einer solchen Ausbildung hätten beste Chancen, später auch gute Jobs zu finden, sagte die Dehoga-Präsidentin.

Mega-Thema Digitalisierung

Neben der Arbeitszeit nannte Pink die fortschreitende Digitalisierung als weitere große Herausforderung, der sich die Branche stellen müsse. Diese werde die Welt innerhalb der kommenden zehn Jahre noch einmal massiv verändern. Die Ausbildung im Hotel- und Gastgewerbe müsse noch viel stärker die künftigen digitalen Herausforderungen berücksichtigen, sagte Pink. Die Software werde immer komplexer. Schon jetzt gebe es Programme, die die Heizung der jeweiligen Zimmer auf die Ankunftszeiten der Gäste abstimme, sagte Frank Hohrath, Geschäftsführer des Saar-Dehoga. Auch mit solcher Software müssten sich die heutigen Auszubildenden vertraut machen. Pink betont, dass aber nicht nur die Betriebe, sondern auch die Schulen mit der entsprechenden Software für die Ausbildung ausgestattet sein müssen.

Vorreiter Hotelgewerbe

 Beim Thema Digitalisierung sind Hotels mit ihrer Zimmerverwaltung schon weiter als das Gastgewerbe.

Beim Thema Digitalisierung sind Hotels mit ihrer Zimmerverwaltung schon weiter als das Gastgewerbe.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Der Grad der Digitalisierung ist in der Branche sehr unterschiedlich vorangeschritten Während sich das Hotelgewerbe schon seit vielen Jahren umfangreichen Buchungs- und Abrechnungssoftware einsetzt uns so schon sehr lange auf Computer setzt, ist dies im Gastgewerbe noch nicht der Fall: „Hier gibt es noch viel Wildwuchs“, sagt Pink. Aktuell gebe es zahlreiche Anbieter, die mit immer neuen Programmen in den Markt kommen. Um dieses Angebotes Herr zu werden, habe der Verband eine Digitalisierungsgruppe gebildet, die neue Angebote wie beispielsweise Hygiene- oder Allergen-Apps unter die Lupe zu nehmen, und auf ihre Tauglichkeit zu prüfen und möglicherweise für den Einsatz zu empfehlen.

Problematische Infrastruktur

Der saarländischen Landesregierung gab Pink mit auf den Weg, dass angesichts der guten Tourismus-Entwicklung nun auch die Infrastruktur im Land verbessert werden müsse. „Der Tourismus ist ein Boomfaktor“, sagte sie. „Wir wollen die Rekordzahlen nicht nur halten, sondern ausbauen. Aber wir brauchen eine bessere Anbindung auf der Straße, der Schiene und in der Luft.“ 1,4 Millionen Euro Umsatz erzielt der Saar-Tourismus nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums jährlich, 2016 wurde erstmals die Grenze von drei Millionen Übernachtungen überschritten.

Acht Millionen Euro Förderung

Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke (SPD) betonte dass der Tourimus und die Dehoga-Branche für die Saar-Politik einen hohen Stellenwert hat. Acht Millionen Euro habe das Land im vergangenen Jahr in die Tourismus-Förderung investiert – und auch in den kommenden Jahren seien Investitionen von jeweils acht Millionen Euro vorgesehen. Auch er lobte die hervorragende Tourismus-Entwicklung, die durch neue Angebote wie den Baumwipfel-Pfad oder das neue Premium-Hotel am Bostalsee weiteren Auftrieb bekomme. Bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit gab er zu bedenken, dass diese Forderung auch sehr kritisch gesehen werde. „Aber ich habe verstanden, dass es eine wichtige Frage ist“, sagte er.

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