Das Innere, das Wahre in Gesichtern und Leibern

Saarbrücken · 1956 kam Hanne Garthe zu Otto Steinert an die Saarbrücker Werkkunstschule. Deren Leiter erkannte ihr fotografisches Talent und förderte es. Heute lebt die 83-Jährige, an die nun eine Schau im Kulturzentrum am Kulturbahnhof erinnert, in einem Pflegeheim.

Sie hat mit Großen der deutschen Kulturszene gearbeitet, machte Kurator Andreas Bayer bei der Vernissage von "Hanne Garthe - Lichtbildnerin/ Fotografie" klar. Schon im Treppenhaus des Kulturzentrum am Eurobahnhof (Kuba) begegnen einem Schauspieler, Literaten, Musiker: Hildegard Knef, tanzend. Josef Degenhardt blickt abwesend in die Ferne, ein zur schwarzen Silhouette reduzierter Balduin Baas fixiert den Betrachter.

Sie alle haben sich zwischen 1960 und 1970 von der jungen Hanne Garthe ablichten lassen. Die gebürtige Wuppertalerin hat bis 1956 an der Saarbrücker Schule für Kunst und Handwerk beim Begründer der Subjektiven Fotografie, Otto Steinert, gelernt. In seiner Tradition steht ihr Verständnis der Fotografie als künstlerisches Medium, die Abstraktion der Formen und die Prägnanz von Strukturen, Licht und Schatten in SW-Aufnahmen. Schon Steinert erkannte Garthes Talent für Porträts und förderte es. Zwischen 1960 und 1993 war sie als Fotografin für den SR, das Staatstheater und den Südwestfunk tätig. Die Porträts bekannter Persönlichkeiten setzen sich im eigentlichen Ausstellungsraum fort: Horst Tappert, Rainer Werner Fassbinder und andere.

Neben Auftragsarbeiten finden sich auch jene Bilder, die Garthe als freie Künstlerin schuf. So die Serie "Berührungen": Durch Überblendungen und Mehrfachbelichtung werden nackte Körper zu skulpturalen Formationen, erscheinen wie aus Stein gemeißelt. Intime, sexuelle Momente hat sie eingefangen - mit sensiblem, beide Geschlechter gleichwertig behandelndem Blick. So auch bei "Maximilian und Melancholia", das die Nackten durch die Körperhaltung an griechische Statuen erinnern lässt. Von Menschen, aber auch Tieren wird man umringt, von Leibern, Gesichtern, Charakteren, die Garthe teils verfremdet, aber auch auf ein Inneres, Wahres zurückzuführen scheint. Auch sich selbst zeigt sie im Porträt.

Dass die Schau zustande kam, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken: Hanne Garthe lebt heute in einem Saarbrücker Pflegeheim, ihr gesamter Nachlass wurde 2014 in Saarbrücken versteigert. An wen, darüber erhielt das Kuba nirgends Auskunft. Als Geschäftsführerin Michaela Kilper-Beer das eines Tages einem Bekannten erzählte, sprach sie ausgerechnet mit dem Käufer. Mit Hanne Garthe startet das Kuba nun eine langfristige Zusammenarbeit mit der Saarländischen Galerie in Berlin. Nach Ende der Schau am 29. Mai wird die Schau in die Hauptstadt verschickt. Ein Katalog soll noch erscheinen.

Bis 29. 5. (Di-Fr: 10-16.30 Uhr).

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