Folge der Corona-Pandemie Chinas Wirtschaft bricht um 6,8 Prozent ein

Peking · Seit Jahrzehnten ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt stetig gewachsen. Doch die Corona-Pandemie setzt dem ein jähes Ende.

Auch wenn in China viele Geschäfte geschlossen bleiben: Das Exportland wird vor allem vom Einbruch der globalen Nachfrage getroffen.

Auch wenn in China viele Geschäfte geschlossen bleiben: Das Exportland wird vor allem vom Einbruch der globalen Nachfrage getroffen.

Foto: dpa/Mark Schiefelbein

Durch die Corona-Pandemie ist Chinas Wirtschaft erstmals seit Jahrzehnten geschrumpft. Im ersten Quartal verkleinerte sich die zweitgrößte Volkswirtschaft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent, wie das Statistikamt in Peking mitteilt. Es ist der erste negative Wert seit Beginn der quartalsweisen Erhebungen 1992. Ein ganzes Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaft hatte China zuletzt 1976 verzeichnet. Vergangenes Jahr war Chinas Wirtschaft noch um 6,1 Prozent gewachsen.

Der starke Rückgang verdeutlicht, wie schwer chinesische Firmen vom Ausbruch des Coronavirus getroffen wurden. Die strengen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus hatten die chinesische Wirtschaft seit Ende Januar praktisch zum Stillstand gebracht. Im ersten Quartal brachen die Einzelhandelsumsätze um 19 Prozent ein. Die Industrieproduktion ging um 8,4 Prozent zurück.

Seit Wochen nehmen Fabriken und Unternehmen aber die Arbeit langsam wieder auf, wodurch einige Wirtschaftsdaten wieder eine leichte Erholung andeuten. Nicht nur deutsche Anlagenbauer in China berichten eine Verbesserung, auch die am Dienstag veröffentlichten Außenhandelszahlen lassen eine leichte Stabilisierung erkennen.

Der Rückgang der Exporte fiel im März mit einem Minus von 6,6 Prozent zwar noch immer deutlich aus. Der Einbruch war aber nicht mehr so groß wie noch im Januar und Februar, als die Ausfuhren um 17,2 Prozent abgesackt waren. Nach einem Minus von vier Prozent in den ersten beiden Monaten des Jahres gingen die Importe im März nur noch um 0,9 Prozent zurück.

Während viele Ökonomen vermuten, dass der schlimmste Einbruch vorüber ist, herrscht Uneinigkeit darüber, wie schnell das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht werden kann. „Eine schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft im zweiten Quartal ist in Anbetracht der aktuellen Lage nicht zu erwarten“, sagt Max Zenglein, Wirtschaftsexperte beim China-Institut Merics in Berlin.

Die Wirtschaftsleistung komme nach dem Stillstand nur langsam in die Gänge. Zudem werde das Land die Auswirkungen der fallenden globalen Nachfrage erst in den kommenden Wochen voll zu spüren bekommen. „Der Krisenmodus wird auch in China noch eine Weile anhalten“, sagt Zenglein.

Dass für Chinas Wirtschaft viel davon abhängt, wie sich die Corona-Pandemie im Rest der Welt entwickelt, glaubt auch Ökonom Huang Weiping: „Wenn sich die Weltwirtschaft schnell erholt, dann wird sich auch China rasch erholen. Ein negatives Wachstum wird es aber nicht mehr geben.“

Auch aus Sicht der ANZ-Bank hat China „den schlimmsten Abschwung hinter sich“. Die Experten des australischen Finanzinstituts rechnen mit 1,7 Prozent Wachstum im zweiten Quartal und sagen für das ganze Jahr ein Plus von 1,8 Prozent voraus.

Chinas Regierung hat bereits eine Reihe fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dabei gehe es vor allem darum, kleine und mittelgroße Unternehmen steuerlich zu entlasten und ihnen den Zugang zu Kapital zu erleichtern, erklärt Merics-Experte Zenglein. Es wurden allerdings auch neue Infrastrukturprogramme etwa für den 5G-Netzausbau angekündigt, der schnelleres mobiles Internet ermöglicht.

Auch Chinas Zentralbank öffnete den Geldhahn. Doch die chinesischen Währungshüter agierten bislang vergleichsweise dezent. So ist der Umfang der chinesischen Hilfen bislang nicht so groß wie die Hilfspakete, die etwa Europa oder die USA auf den Weg gebracht haben. Doch Rufe nach mehr Ausgaben werden laut: „Es ist jetzt notwendig, Unternehmen mehr gezielte Hilfe zu geben“, glaubt Ökonom Huang Weiping. Seine Kollegin Ye Tan stimmt ihm zu: „Ich denke, die bestehenden Maßnahmen werden weiter ausgebaut.“

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