Bundesregierung sieht Wirtschaftsentwicklung skeptischer Erneut geringere Wachstumsprognose
Berlin · Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verliert zunehmend das Vertrauen der Unternehmen.
Die Wirtschaft ist unzufrieden mit Peter Altmaier. Gestern musste der Wirtschaftsminister erneut die offizielle Wachstumsprognose der Bundesregierung nach unten korrigieren. Dies geschieht bereits zum dritten Mal in Folge. Zwar kündigte der CDU-Politiker zugleich Entlastungen für Unternehmen an. Doch sein Plan blieb vage.
Angesichts der aktuellen Konjunkturschwäche erwartet Altmaier für das laufende Jahr beim Bruttoinlandsprodukt nur noch ein mageres Plus von 0,5 Prozent. Zur Erinnerung: Im Januar hatte die Regierung den Zuwachs noch auf einen Wert von 1,0 Prozent taxiert. Und noch im vergangenen Herbst waren für das Jahr 2019 sogar 1,8 Prozent mehr veranschlagt worden.
Eine rasante Talfahrt. Die wirtschaftliche Entwicklung habe sich seit Mitte 2018 abgekühlt, erklärte Altmaier zur Begründung der erneut korrigierten Prognose. Diese Abkühlung sei auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überwunden. Allerdings, so erklärte der Minister optimistisch vor der Presse, gebe es die Aussicht auf eine „deutliche Erholung“. So soll die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr bereits wieder um 1,5 Prozent zulegen. Eine Stütze dafür ist nach Einschätzung der Bundesregierung der private Konsum. Auch die Bauwirtschaft boomt und gilt deshalb als Hoffnungsträger.
Schwieriger wird es bei den globalen Kennziffern: Ein harter Brexit zum Beispiel ist nach wie vor möglich. Deutschland wäre von einer solchen Entwicklung besonders negativ betroffen. Auf dem Spiel stehen immerhin 82 Milliarden Euro pro Jahr. So viele Einnahmen bringen die deutschen Ausfuhren nach Großbritannien. Hinzu kommen der ungewisse Ausgang des Handelsstreits zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, die großen wirtschaftlichen Probleme Italiens und die Umbrüche in der stark exportorientierten deutschen Autoindustrie.
Altmaier sprach in Sachen Wirtschaftsprognose von einem „Weckruf“, um die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen zu verbessern. Diese werfen dem Minister schon seit längerer Zeit Untätigkeit vor. Der Verband der Familienunternehmen beklagte jüngst sogar, dass „Wirtschaftskompetenz als Markenkern der CDU“ in der Bundesregierung „mit keinen Gesicht mehr verbunden“ sei. Eine bittere Kritik, die inzwischen auch in der Unionsfraktion von manchen geteilt wird.
Altmaier versuchte daher gestern, mit seinem Auftritt auch gleichzeitig einen Befreiungsschlag zu landen. Mit einem Drei-Punkte-Plan will der Minister wieder in die Offensive kommen. Zum einen plädierte er für ein Belastungsmoratorium. Für Unternehmen nachteilige Maßnahmen sollten erst dann in Kraft treten, wenn die Wirtschaft „wieder einen klaren Wachstumspfad erreicht“ habe. Zum anderen regte er „strukturelle Entlastungen und Anreize bei Steuern, Abgaben und Bürokratie“ an. Und zum Dritten machte sich Altmaier mit Blick auf entsprechende Neuregelungen in anderen Industriestaaten für eine umfassende Unternehmenssteuerreform stark. Was das konkret bedeutet, ließ der Saarländer noch im Dunkeln. Das müsse noch in der Regierung besprochen werden.
Sein Kabinettskollege, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), warnt vor einem internationalen Steuerwettlauf und spricht sich gegen steuerliche Entlastungen für deutsche Betriebe aus. Ein weiteres Problem ist, dass es immer schwieriger wird, Entlastungen im Bundeshaushalt zu stemmen, ohne die „schwarze Null“ preiszugeben. An einem ausgeglichen Etat wollen aber weder Union noch SPD rütteln.
Der CDU-Haushaltsexperte Eckardt Rehberg prophezeite, dass die nächste Steuerschätzung „erhebliche Mindereinnahmen in der Größenordnung eines niedrigen zweistelligen jährlichen Milliardenbetrags“ aufzeigen werde. Das schränkt den wirtschaftspolitischen Spielraum für Altmaier erheblich ein.