Bundesagentur will Langzeitarbeitslosen besser helfen

Nürnberg · Erst wenige Tage im Amt, hat der neue Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, bereits erste Schwerpunkte seiner Arbeit formuliert. So will er bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit künftig verstärkt auf öffentlich geförderte Jobs setzen. Dabei werde es sich nicht um eine "Beschäftigungstherapie" handeln, sondern um ganz normale Arbeitsplätze. Die Betroffenen seien sozialversichert, sagte Scheele am Wochenende in einem Interview. "Dann darf man auch am Markt tätig sein", was bei Ein-Euro-Jobs nicht zulässig sei. Der frühere Hamburger Arbeits- und Sozialsenator, der seit Sommer 2015 im Vorstand der Bundesagentur sitzt, hatte zum 1. April die Nachfolge von Frank-Jürgen Weise angetreten.

 Bundesagentur-Chef Detlef Scheele. Foto:dpa

Bundesagentur-Chef Detlef Scheele. Foto:dpa

Es gehe um die "Not am unteren Rand des Arbeitsmarktes", keineswegs um einen flächendeckenden Einsatz von Arbeitslosen, stellte Scheele klar. "Wenn man es ernst meint und sich auch um Bevölkerungskreise kümmern will, die objektiv keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, ohne Ausbildung sind, Ältere, möglicherweise mit gesundheitlichen und anderen Einschränkungen, da muss man etwas tun. Da gibt es nur ein einziges Mittel", machte er deutlich.

Im Blick habe er dabei auch Familien, in denen beide Eltern arbeitslos seien. "Man muss durchbrechen, dass die sozialen Folgen von Arbeitslosigkeit vererbt werden. Dazu haben wir gemeinsam mit der Jugendhilfe und anderen kommunalen Stellen auch einen Beitrag zu leisten."

Grundsätzlich werde die Vermittlung solcher öffentlich geförderter Jobs an enge Voraussetzungen geknüpft sein: Betroffene müssten mindestens vier Jahre arbeitslos sein und mindestens drei Vermittlungshemmnisse aufweisen - etwa geringe Deutschkenntnisse oder gesundheitliche Probleme. Scheele geht davon aus, dass etwa 100 000 bis 200 000 Arbeitslose für eine solche öffentlich geförderte Beschäftigung in Frage kommen. Er warnte aber zugleich vor der Illusion, man könne damit Langzeitarbeitslosen zu einer dauerhaften Stelle verhelfen. Vorrangig gehe es darum, einer kleinen Gruppe von Arbeitslosen zeitweise die Teilhabe am normalen Arbeitsleben zu ermöglichen. Schließlich wirke Arbeit stabilisierend, mache auch stolz auf das Geleistete.

Um die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu senken, setzt Scheele auch auf eine intensivere Betreuung von Betroffenen in den Jobcentern. Nach seiner Vorstellung sollen Männer und Frauen, die schon lange keine Arbeit mehr hatten, häufiger zu Beratungs- und Vermittlungsgesprächen in die Jobcenter gebeten werden. "Wir machen das schon in einigen Städten - in Duisburg, im Rhein-Neckar-Kreis und Frankfurt am Main - da verdoppeln sich die Integrationsquoten nahezu", berichtet Scheele. Vor allem bei Menschen, die noch nicht ganz so lang arbeitslos seien, "hilft die Erhöhung der Kontaktdichte überall". Er selbst werde sich daran messen lassen, ob er es schaffe, die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu senken. Zuletzt gab es davon knapp 930 000. Konkrete Zielvorgaben lehnt er ab. Insgesamt habe man in Deutschland eine "völlig verrückte Situation": "Wir haben einerseits eine so gute Lage auf dem Arbeitsmarkt, wie ich sie seit der Wiedervereinigung nicht erlebt habe." Trotzdem gebe es Menschen in Deutschland, die sich trotz dieser Entwicklung subjektiv abgehängt fühlten.

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