Kampf gegen Ressourcen-Verschwendung Online-Retouren auf dem Prüfstand

Berlin · Umweltministerin Schulze will Internet-Händler stärker in die Pflicht nehmen. Bisher bleiben aber viele Fragen zur Umsetzung offen.

 Retour und in die Tonne

Retour und in die Tonne

Foto: SZ/Müller, Astrid

Der Online-Handel boomt – und mit ihm seine Schattenseiten: Hochwertige Waren werden vernichtet, um damit Platz in den Regalen zu schaffen. Oder Produkte werden weggeworfen, weil das günstiger ist, als zurückgesandte Artikel wieder neu anzubieten. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Gesetzesänderungen gegen diese Vernichtung von Waren im Handel auf den Weg gebracht. Daneben sollen sich Firmen, die Produkte wie Einweg-Becher oder Zigaretten in Verkehr bringen, künftig an den Reinigungskosten von Parks und Straßen beteiligen.

Händler sollen nun zunächst gezwungen werden, offenzulegen, ob sie Waren vernichten und wie viele. Es soll eine „Obhutspflicht“ geben. Eine Möglichkeit sei, die Produkte günstiger zu verkaufen oder zu spenden, sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). „Neuwertige Waren einfach wegschmeißen, einfach verbrennen, so kann man mit den Ressourcen nicht umgehen.“ Schulze will aber auch die Kunden in die Pflicht nehmen: „Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich natürlich auch fragen, ob es für die Umwelt wirklich gut ist, viele Artikel zu bestellen und die Hälfte dann wieder zurückzusenden.“ 

Rund 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel seien im Jahr 2018 in Deutschland an Onlinehändler zurückgeschickt worden, ergab eine Studie der Universität Bamberg. Besonders häufig würden Schuhe und Kleidungsstücke zurückgeschickt.

„Wir begrüßen die angestrebte ökologische Fortentwicklung von Produktion und Handel“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel, Christoph Wenk-Fischer. Viel effektiver und nachhaltiger als eine bürokratische Berichtspflicht wäre es aber, die Mehrwertsteuer auf Sachspenden abzuschaffen – um damit „Spenden statt entsorgen“ zu erleichtern, so Wenk-Fischer.

Darauf verweist auch der Online-Händler Amazon. Unternehmen müssten derzeit die Mehrwertsteuer auf den Wert von gespendeten Waren entrichten, sagte ein Sprecher. „Daher ist es für Unternehmen wirtschaftlich wenig sinnvoll, Waren zu spenden.“ Das betreffe auch selbstständige Verkaufspartner, die ihre Produkte direkt an Amazon-Kunden verkauften. „Nur wenn wir keine andere Möglichkeit mehr haben, geben wir unsere Artikel zum Recycling, zur Energierückgewinnung oder als allerletzte Option zur Deponierung.“

Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth sagte, wenn die Transparenzpflicht über die Vernichtung von Neuwaren wirklich effektiv durchgesetzt werde, sei dies ein „richtiger und mutiger“ Schritt von Schulze. Im zweiten Schritt müsse ein „Vernichtungsverbot“ für neuwertige Produkte folgen. Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte, die „sinnlose Zerstörung“ funktionsfähiger Waren zu beenden. Unternehmen müsse unter Strafe die Vernichtung funktionsfähiger Waren verboten werden, sagte die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.

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