Umfrage des Allensbach-Instituts Schlechte Noten für Digital-Politik des Bundes

Berlin · Die meisten Bürger halten die etablierten Parteien in digitalen Fragen für inkompetent. Kritik kommt auch aus der Wirtschaft.

 Gerade auf dem Land kommt der Ausbau des Breitband- und Mobilfunknetzes nur sehr schleppend voran.

Gerade auf dem Land kommt der Ausbau des Breitband- und Mobilfunknetzes nur sehr schleppend voran.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Ob Breitbandausbau oder Mobilfunk-Abdeckung – bei der Digitalisierung hinkt Deutschland zum Teil deutlich hinterher. Die Bevölkerung macht dafür in erster Linie die Politik verantwortlich: Fast 60 Prozent halten die Bundesregierung bei dem Thema für weitgehend inkompetent. Das zeigt eine repräsentative Allensbach-Umfrage im Auftrag der auf Digitalisierung spezialisierten ESCP Business School Berlin.

Das Wort „digital“ kommt im Koalitionsvertrag fast 300 Mal vor. „Dennoch fällt Deutschland im internationalen Digitalvergleich weiter zurück“, kritisierte kürzlich der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg. In der Bevölkerung sieht man das offenbar genauso. Dabei halten 79 Prozent der Befragten das Thema für „wichtig“ bis „sehr wichtig“. Zwar hat Schwarz-Rot vor zwei Jahren eine sogenannte Digitalstrategie verabschiedet, die unter anderem mehr Geld für Forschung und Entwicklung vorsieht. Gleich fünf Bundesminister sind dafür direkt zuständig. Aber die meisten Bürger haben trotzdem den Eindruck, dass die Regierung den digitalen Wandel verschläft. So halten lediglich 18 Prozent der Befragten den CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf diesem Gebiet für kompetent. Bei Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) oder Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind die Werte mit acht beziehungsweise vier Prozent noch deutlich schlechter.

Aber auch die Opposition hat keine guten Karten. Auf die Frage, welche Partei das überzeugendste Konzept für die Gestaltung des digitalen Wandels aufweisen kann, bekommen Grüne, FDP, AfD und Linke lediglich Zustimmungswerte zwischen sieben und zwei Prozent. Auch die SPD landet nur bei fünf Prozent. Dagegen schneidet die Union mit 13 Prozent noch vergleichsweise gut ab, was allerdings im Widerspruch zum dürftigen Vertrauen in ihre damit befassten Minister steht. 30 Prozent der Bundesbürger halten keine Partei bei der Digitalisierung für überzeugend. 37 Prozent sind unschlüssig. Geradezu vernichtend ist die Meinung führender Wirtschaftslenker: Von ihnen sagen sogar 94 Prozent, dass es an einem klaren Digital-Konzept der Bundesregierung mangele.

„Die Politik hat hier dringenden Handlungsbedarf“, meinte Allensbach-Chefin Renate Köcher. Trotz der gesellschaftlichen Bedeutung hätten sich bislang weder Parteien noch einzelne Personen bei diesem Thema profilieren können. Philip Meissner, Professor an der ESCP Business School, nannte die Ergebnisse „alarmierend“. Nötig seien konkrete Maßnahmen wie etwa die Schaffung eines Digitalministeriums, in dem die Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts gebündelt werden müssten. Zugleich regte Meissner eine deutliche Aufstockung der staatlichen Investitionen in Start-ups und neue Technologien an. Deutschland plant hier einen Fonds mit einer Milliarde Euro. Das seien gerade einmal 0,003 Prozent des Bruttosozialprodukts (BIP). Dagegen wende allein Singapur 700 Millionen Euro und damit 0,2 Prozent seines BIP dafür auf. Demnach müsste Deutschland hier fast zehn Mal so viel investieren wie bislang geplant, rechnete Meissner vor.

Die Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach basiert auf persönlichen Interviews mit 1298 Bürgern im Alter ab 16 Jahren. Darüber hinaus wurde die Meinung von 500 Top-Entscheidern aus Wirtschaft und Politik in die Untersuchung einbezogen.

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