Strafzölle auf EU-Autos? Brüssel droht den USA mit Vergeltung

Washington/Brüssel/Berlin/Saarbrücken · Die Bundesregierung will Zölle auf europäische Autos verhindern und setzt auf eine Lösung am Verhandlungstisch.

Ein BMW steht in Bremerhaven zum Verschiffen bereit. Deutschland exportiert Autos im Milliardenwert in die USA.

Ein BMW steht in Bremerhaven zum Verschiffen bereit. Deutschland exportiert Autos im Milliardenwert in die USA.

Foto: dpa/Ingo Wagner

Für den Fall der Einführung von US-Strafzöllen auf europäische Autoimporte droht die EU-Kommission mit schnellen Vergeltungsschritten. Die Reaktion werde „rasch und angemessen“ sein, sagte gestern ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Das US-Handelsministerium hatte Präsident Donald Trump am Sonntag eine Einschätzung dazu vorgelegt, ob der Import von Autos und Zulieferteilen die nationale Sicherheit des Landes beeinträchtigt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende kritisiert, das Ministerium sei offensichtlich zu diesem Schluss gekommen, was erschreckend sei. Das Handelsministerium selbst gab zum Inhalt seines Berichts zunächst keine Auskunft, auch das Weiße Haus nicht.

Strafzölle würden Deutschland besonders treffen. Daher bemühe sich die Bundesregierung weiter um eine Lösung am Verhandlungstisch, sagte gestern Regierungssprecher Steffen Seibert. „Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg.“ Der Inhalt des Berichts aus dem US-Handelsministerium liege der Regierung noch nicht vor.

Wann genau die Einschätzung des Ministeriums offiziell verkündet wird, war zunächst offen. Vertritt das Ressort tatsächlich die Sicht, dass europäische Autos und Autoteile die nationale Sicherheit gefährden, könnte Trump binnen 90 Tagen entscheiden, ob er Sonderzölle erheben will. Der Präsident ist nicht an die Empfehlung des Ministeriums gebunden. Die Einschätzung in dem Bericht ebnet aber den Weg für mögliche Strafzölle. Und Trump hat sich in Handelskonflikten mit anderen Staaten, etwa mit China, als „Mann der Zölle“ inszeniert.

Zuletzt waren Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent im Gespräch. Trump will dadurch das US-Handelsdefizit abbauen und Jobs in den USA schaffen. Doch auch in den USA ist der Plan umstritten. Experten warnen, höhere Zölle könnten die Verkaufszahlen in den USA bremsen und damit letztlich auch Jobs gefährden. Die US-Autoteile-Industrie mahnt, Sonderzölle seien eine zusätzliche Belastung für amerikanische Firmen und Verbraucher. Auch aus dem US-Kongress kommt Kritik in diese Richtung.

Vor allem aber in der EU und in Deutschland stoßen die Überlegungen auf Unverständnis. Merkel hatte am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, sie verstehe nicht, wie die USA deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten.

Falls es zu Sonderzöllen kommen sollte, „müsste die Europäische Union konsequent reagieren“, forderte  Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Ähnlich äußerte sich der saarländische Europaminister Peter Strobel (CDU): „Die EU-Kommission ist nun gefordert, sich auf das Worst-Case-Szenario hoher Zölle auch im Automobilbereich vorzubereiten.“

Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatten im vergangenen Jahr vereinbart, am Abbau von Industriezöllen zu arbeiten. Zudem solle auf Maßnahmen verzichtet werden, die dieser Absicht zuwiderliefen. Juncker vertraue auf Trumps Wort, sagte der Sprecher der EU-Kommission. Die EU werde zu der Abmachung stehen, solange die USA dies auch täten.

Um vorbereitet zu sein, hat die EU-Kommission bereits eine Liste mit US-Produkten erstellt, auf die Vergeltungszölle verhängt werden könnten. Auf ihr sollen zum Beispiel Elektroautos stehen, so dass unter anderem der bekannte US-Hersteller Tesla betroffen wäre.

Den Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA bezifferte die EU-Kommission zuletzt auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Besonders gefährlich wären US-Strafzölle für deutsche Autohersteller. Im vergangenen Jahr lag der Wert allein der Pkw-Exporte aus Deutschland in die USA bei gut 18,6 Milliarden Euro, wie es vom Statistischen Bundesamt hieß. Sollten die USA die Importzölle dauerhaft um 25 Prozent erhöhen, könnten sich deutsche Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren, berechnete das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo.

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