Sensorprobleme vor Absturz bekannt Boeing wusste seit 2017 vom 737-Problem

Chicago · Der Flugzeugbauer hatte schon lange vor den Abstürzen der 737-Max-Flieger Kenntnis von den Sensor-Problemen, hat aber nicht reagiert.

 Ein Boeing 737 Max 8 bei einem Testflug. Der Konzern sucht nach zwei Abstürzen nach den Ursachen und nach Lösungen.

Ein Boeing 737 Max 8 bei einem Testflug. Der Konzern sucht nach zwei Abstürzen nach den Ursachen und nach Lösungen.

Foto: dpa/Ted S. Warren

Der US-Luftfahrtriese Boeing wusste bereits rund ein Jahr vor dem ersten Absturz einer 737-Max-Maschine von einem Softwareproblem der Modellreihe. Das räumte der Konzern am Wochenende ein. Demnach hatten Techniker bereits einige Monate nach Auslieferungsbeginn der 737 Max im Mai 2017 festgestellt, dass ein Anzeigesystem in den Cockpits für Warnungen der sogenannten AOA-Sensoren nicht richtig funktionierte. Die Sensoren liefern Daten zum Auftrieb des Flugzeugs. Boeing habe daraufhin zunächst eine interne Untersuchung gestartet, die zu dem Schluss gekommen sei, dass keine Beeinträchtigung der Flugsicherheit vorliege.

Der sogenannte AOA-Alarm („angle of attack“) zum Anstellwinkel gibt Piloten Bescheid, wenn ein Sensor fehlerhafte Daten übermittelt. Sowohl bei dem Absturz am 29. Oktober 2018 in Indonesien als auch beim Absturz fünf Monate später am 10. März in Äthiopien stehen den vorläufigen Ermittlungsergebnissen zufolge fehlerhafte Sensormeldungen unter Verdacht, bei den Abstürzen eine Rolle gespielt zu haben. Der Alarm funktionierte in vorherigen Boeing-737-Maschinen, wurde bei der 737-Max jedoch abgeschaltet.

Boeing bekräftigte am Sonntag noch einmal, dass die Maschinen auch ohne den Alarm sicher geflogen werden konnten. „Die Indikatoren stellen nur zusätzliche Informationen zur Verfügung und wurden nie als sicherheitsrelevant eingestuft“, schreibt Boeing in einer Mitteilung. Der Alarm werde in den 737-Max-Maschinen jedoch wieder eingeschaltet, bevor sie wieder fliegen.

Boeings obere Führungsebene war nach Aussagen des Unternehmens nicht in die Untersuchungen involviert gewesen. Erst nach dem ersten Absturz einer 737-Max-Maschine in Indonesien am 29. Oktober 2018 sei sie auf das Problem aufmerksam geworden. Auch die US-Luftfahrtbehörde FAA sei erst rund eine Woche nach diesem Unglück darüber informiert worden. Im Dezember sei eine weitere Untersuchung durchgeführt worden, die ebenfalls ergeben habe, dass das Problem kein Sicherheitsrisiko darstelle, heißt es in der Boeing-Mitteilung. Nach Angaben des „Wall Street Journal“ hat Boeing auch seine Kunden nicht über den Fehler informiert. Diese seien erst nach dem zweiten Absturz einer 737-Max-Maschine am 10. März in Äthiopien über die Fehlfunktion aufgeklärt worden, schreibt die Zeitung.

Insgesamt starben bei den beiden Unglücken 346 Menschen. Ein Fehler der einer MCAS genannten Steuerungssoftware, die eigens für Boeings Neuauflage der 737-Reihe entwickelt wurde, steht nach ersten Ermittlungsberichten als Unfallursache im Verdacht. Das Warnsystem, von dessen Problem Boeing seit 2017 wusste, steht im Zusammenhang mit dem MCAS-Programm. Ob und inwieweit es eine für die Abstürze entscheidende Rolle spielte, ist bislang aber unklar.

Vorläufige Untersuchungsergebnisse deuten aber darauf hin, dass der Sensor falsche Daten über den Flugwinkel geliefert hat. Diese hätten dazu geführt, dass die MCAS-Automatik gegensteuerte und die Maschine in einen steilen Sinkflug brachte, der von den Piloten nicht mehr korrigiert werden konnte.

Seit dem Absturz haben viele Länder und Fluggesellschaften für die Baureihe 737 Max ein Startverbot erteilt. Boeing hat zugesagt, die Unfallursachen genauestens zu untersuchen und die Flugzeuge entsprechend nachzubessern.

(dpa)
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