Blessing unter Untreuevorwurf

Wolfsburg · Staatsanwaltschaft Braunschweig prüft Zahlungen an den VW-Betriebsrat, vor allem an Bernd Osterloh.

Geld, Betriebsrat, Volkswagen - dieser Dreiklang, der in Wolfsburg noch immer böse Erinnerungen wachruft, ist wieder da. Einmal mehr nimmt sich die Justiz Europas größten Autobauer vor: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen ranghohe amtierende und frühere VW-Manager wegen des Verdachts der Untreue. Im Fokus stehen dem "Handelsblatt" zufolge Personalvorstand Karlheinz Blessing und dessen Vorgänger Horst Neumann. Blessing war erst vor eineinhalb Jahren aus dem Saarland nach Wolfsburg gekommen. Neben Blessing und Neumann werden außerdem Martin Roski, Personalchef der Marke VW, sowie dessen Vorgänger Jochen Schumm genannt. Der VW-Aufsichtsrat bestätigte gestern die Ermittlungen.

Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es "ein Verfahren wegen des Anfangsverdachts der Untreue im Zusammenhang mit der Aufwandsentschädigung für Betriebsratstätigkeit". Nach Informationen der "Braunschweiger Zeitung" hatte eine Anzeige den Fall ins Rollen brachte. Der zufolge soll Personalvorstand Blessing dem Betriebsratschef Bernd Osterloh zu hohe Bezüge eingeräumt haben, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Osterloh gibt seine aktuelle Vergütung gegenüber der "Braunschweiger Zeitung" mit einem Grundgehalt von etwa 200 000 Euro pro Jahr an. Hinzu kämen Boni, wie sie auch Mitglieder des Managements in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg erhalten. "In der Spitze lag damit mein Jahresgehalt einmal bei rund 750 000 Euro. Aktuell ist es deutlich niedriger", sagte Osterloh mit Blick auf die zuletzt gesunkenen Prämien auch für Tarifmitarbeiter. Für das vorige Geschäftsjahr wären es für ihn insgesamt bis zu 386 000 Euro gewesen - durch eine Verzichtserklärung solle sich die Summe aber auf 290 000 Euro verringern.

Osterloh selbst ist nicht Ziel der Ermittlungen. Dieser übernehme "seit vielen Jahren in herausragender Weise Verantwortung für die Belegschaften des Volkswagen-Konzerns", erklärte auch der VW-Aufsichtsrat. Man werde alles tun, um die bestehenden Vorwürfe aufzuklären. Ein Konzernsprecher betonte, eine externe Prüfung habe ergeben, dass die Eingruppierung Osterlohs den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes entsprochen habe. Aus dem VW-Betriebsrat hieß es weiter, man setze darauf, dass der Konzern gegenüber den Ermittlern erklären wird, sich an die Regeln gehalten zu haben.

Für VW kommen die gestern publik gewordenen Ermittlungen, die anscheinend schon seit Monaten laufen, zur Unzeit. Gerade schien sich der Autobauer nach dem Diesel-Skandal wieder freizuschwimmen, die jüngsten Quartalszahlen waren positiv, Millionen manipulierter Dieselfahrzeuge sind bereits umgerüstet, in vielen Fällen vor allem in den USA hat sich das Unternehmen auf milliardenschwere Schadenersatzzahlungen geeinigt. Nun steht ausgerechnet der Vertreter der Belegschaft im Zentrum der Aufregung, der sich öffentlichkeitswirksam dafür stark gemacht hatte, dass der Diesel-Skandal die Beschäftigten selbst möglichst wenig trifft und sich dafür auch mit VW-Markenchef Herbert Diess angelegt hatte.

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