Serie Ausbildung 2018 Berufsschulen vermitteln mehr als Theorie

Saarbrücken · Auszubildende bekommen auch an der Berufsschule die Chance, sich auszuprobieren – zum Beispiel während eines so genannten Hackathons.

 Die Informationselektroniker-Azubis Abraham Habte und Nasir Soltani (von links) wollen einem kleinen Auto, dem so genannten Robot Car, das selbstständige Fahren auf einer vorgegeben Strecke beizubringen.

Die Informationselektroniker-Azubis Abraham Habte und Nasir Soltani (von links) wollen einem kleinen Auto, dem so genannten Robot Car, das selbstständige Fahren auf einer vorgegeben Strecke beizubringen.

Foto: Rich Serra

Ein Donnerstag am Technisch-Gewerblichen Berufsbildungszentrum I (TGBBZ I) am Mügelsberg. Im obersten Stockwerk sitzt Dominik Schwiezer mit zwei Klassenkameraden an einem Tisch und schaut auf Buchstaben, Zeichen und Zahlen, die sich auf dem Computerbildschirm vor ihm scheinbar wahllos aneinanderreihen. Es ist der Quellcode für einen sogenannten Smart Mirror, wie der angehende Fachinformatiker erklärt. Ein Spiegel mit Display, der das Wetter, Nachrichten oder Termine anzeigen kann, damit man schon beim Zähneputzen über Neuigkeiten und Staus auf dem Weg zur Arbeit informiert ist. In Nebenraum grübeln Nasir Soltani und Abraham Habte vor einem Robot-Car, einem selbstfahrenden Modellauto. Bisher steht es still auf dem Tisch, neben einem Stück Papier mit aufgezeichnetem Kreis und Linien.

Schwiezer, Soltani und Abraham nehmen am sogenannten Hackathon teil. Die Veranstaltung bietet den Berufsschülern einmal im Jahr die Chance, drei Tage lang eigenständig Anwendungen zu programmieren – ein Highlight des Berufsschulunterrichts. Der Name setzt sich aus Hack, englisch für Kniff, und dem Begriff Marathon zusammen, wie Informatiklehrer Thomas Michels erklärt. Wer teilnimmt, wird vom regulären Unterricht freigestellt.

Mehr als 1400 Schüler besuchen die Berufsschule des Bildungszentrums. Abhängig von ihren Ausbildungsberufen sind sie in die Abteilungen Bautechnik, Energie- und Holztechnik und Kommunikationstechnik unterteilt. Die Kommunikationstechnik ist mit über 550 Schülern die größte Abteilung. Hier werden die Schüler unter anderem zu Informationselektronikern, Fachinformatikern und Mediengestaltern in Bild und Ton ausgebildet.

„Der Unterricht an der Berufsschule ist sehr vielfältig“, sagt Oberstudiendirektorin Rita Lauer. Je nach Ausbildung unterscheiden sich die Anteile von Theorie und Praxis, aber auch die Formen des Unterrichts. Es gibt sowohl Blockunterricht als auch wöchentliche Einheiten. Die Fächer, die bei allen Auszubildenden im Stundenplan stehen, sind Religion, Sport und Deutsch sowie Wirtschaft und Sozialkunde. Auch der Hackathon ist für alle Berufsschüler offen.

Dazu kommen bis zu 16 Lernfelder, die sich abhängig vom Ausbildungsberuf unterscheiden und auf das erste bis dritte Ausbildungsjahr verteilt sind. Auf der Stundentafel von Fachinformatikern wie Dominik Schwiezer stehen im ersten Lehrjahr die Lernfelder „Der Betrieb und sein Umfeld“, „Einfache IT-Systeme“ und „Informationsquellen und Arbeitsmethoden“. Außerdem werden die Auszubildenden mit Geschäftsprozessen und betrieblicher Organisation vertraut gemacht.

Im Obergeschoss des Bildungszentrums sind die Blicke von Soltani und Habte auf den Boden gerichtet. Dort fährt der Robot Car herum, allerdings nicht auf den vorgezeichneten Linien, so wie Soltani und Habte es wollen. „Gar nicht so leicht“, sagt Habte.

„Viele Schüler entwickeln sich während des Hackathons persönlich weiter; sie werden selbstbewusster“, sagt Informatiklehrer Thomas Michels. Er erzählt, dass einige Schüler zu Beginn des Hackathons unsicher seien und sich nicht zutrauten, ihr Projekt umzusetzen, was sich dann mit jedem geglückten Programmierschritt nach und nach ändere. Lauer findet diese Erfahrung wichtig. Die Motivation für den Beruf muss von innen kommen, glaubt sie. „Genau das wollen wir mit solchen Projekten fördern.“ Sie und ihre Kollegen wünschen sich, dass Auszubildende in der Kommunikationstechnik künftig häufiger in der Gruppe programmieren können. Um die Bedingungen dafür zu schaffen, planen sie, ein sogenanntes Future Classroom Lab einzurichten, eine Art Klassenzimmer der Zukunft.

Währenddessen sitzen Dominik Schwiezer und sein Team zuversichtlich vor ihrem Magic Mirror. Es läuft gut, der Spiegel zeigt schon Uhrzeit und Raumfeuchtigkeit an. „Das Coole ist, dass ich das zuhause nachmachen kann“, sagt Schwiezer. Dann beginnt der angehende Fachinformatiker damit, den Quellcode neu zu formatieren. Die Umlaute werden nämlich noch nicht richtig dargestellt. Im Raum nebenan freuen sich Nasir Soltani und Abraham Habte. Ihr Robot Car fährt die vorgezeichnete Linie selbständig nach.

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