Gegenwind für Traditionskonzern Aktionäre ziehen Bayer die Ohren lang

Bonn · Der Bayer-Konzern musste sich wegen der Monsanto-Übernahme auf der Hauptversammlung schwere Vorwürfe gefallen lassen.

Der Kauf des US-Konzerns Monsanto hat der Führungsriege des Agrarchemiekonzerns Bayer heftige Schelte von Anteilseignern und lautstarke Proteste vor der Tür eingebracht. Bei der Hauptversammlung am Freitag in Bonn meldeten sich zahlreiche Großaktionäre zu Wort, die mit Vorstand und Aufsichtsrat hart ins Gericht gingen. Mit Blick auf Imagekratzer durch die Glyphosat-Klagewelle in den USA und den rapiden Kursverfall der Bayer-Aktie an der Börse sagte Mark Tümmler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Nie zuvor hat ein Dax-Konzern Reputation und Wert so schnell eingebüßt – das ist eine Schande.“

Kritik kam auch vom Analysten Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment: „Die Bayer-Führung hat die Rechtsrisiken des Monsanto-Deals offenbar völlig unterschätzt.“ Seit 2018 hat Bayer in den USA zwei Gerichtsschlappen hinnehmen müssen, der Konzern wurde zu hohem Schadenersatz an Krebskranke verurteilt. Dagegen geht Bayer aber in Berufung. Insgesamt müssen sich die Leverkusener, die 2018 den Konkurrenten und Saatguthersteller Monsanto übernommen hatten, in den USA mittlerweile 13 400 Schadenersatzklagen wegen Glyphosat stellen – und die Zahl dürfte weiter steigen.

Bayer-Chef Werner Baumann beteuerte erneut, dass Glyphosat „bei sachgerechter Anwendung ein sicheres Produkt“ sei. Mit Blick auf die krebskranken Kläger in den USA sagte der Manager: „Glyphosat-basierte Produkte sind nicht der Grund für ihre schweren Erkrankungen.“

Baumanns Beteuerungen konnten die tiefen Sorgenfalten der anwesenden Anteilseigner aber nicht glätten. Die Rechtsrisiken durch Monsanto seien für das 1863 gegründete Traditionsunternehmen „riesig und unkalkulierbar“, monierte Nicolas Huber von der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS. „Wir Aktionäre haben große Bedenken um den Fortbestand einer 150 Jahre alten und größtenteils erfolgreichen deutschen Industriegeschichte.“ Ingo Speich von der Deka, die zu den Top-10-Anteilseignern von Bayer zählt, sprach von einem „Scherbenhaufen“ und sagte mit Blick auf den Kursverfall: „Innerhalb von nur zwei Jahren ist der einstige Pharmagigant zu einem Zwerg mutiert.“ Baumann antwortete auf die Kritik ruhig und blieb bei seiner Linie: Man dürfe angesichts der Kurseinbußen zwar nichts beschönigen, dennoch sei der Monsanto-Kauf auf lange Sicht der richtige Schritt gewesen. „Wir halten die Monsanto-Akquisition nach wie vor für werthaltig und strategisch richtig.“

Man habe die Übernahme vorab gründlich geprüft, sagte Baumann. Aber war es überhaupt möglich, die Rechtsrisiken vorher genau einzuschätzen? Aktionäre meldeten Zweifel an – Monsanto sei auch börsennotiert gewesen, möglicherweise durften die US-Amerikaner in den Übernahmeverhandlungen gar nicht alle Karten auf den Tisch legen. Baumann ließ auch diesen Vorwurf abperlen – die Tiefenprüfung des Unternehmens (Due Diligence) sei „marktüblich“ gewesen.

 Bayer-Chef Werner Baumann verteidigte seine Strategie.   Foto: Kirchner/dpa

Bayer-Chef Werner Baumann verteidigte seine Strategie. Foto: Kirchner/dpa

Foto: dpa/Guido Kirchner

Vor dem Bonner Kongresszentrum  sorgten bis zu 700 Demonstranten für lautstarken Protest. Große Agrarkonzerne wie Bayer seien schlecht für die Umwelt und damit für die Zukunft, sagte Aktivist Felix Pohl.

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