Bauernpräsident Joachim Rukwied „Mit Geld kann man nicht alles lösen“

Interview | Berlin · Der Präsident des Bauernverbands spricht über Klimaschutz und die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland.

Joachim Rukwied ist seit dem Jahr 2012 Präsident des Deutschen Bauernverbands.

Joachim Rukwied ist seit dem Jahr 2012 Präsident des Deutschen Bauernverbands.

Foto: dpa/Daniel Maurer

Nächste Woche findet der Bauerntag im digitalen Format statt, mit viel Politprominenz und einer Rede der Kanzlerin. Zahlreiche Agrarpolitiker scheiden allerdings aus dem Bundestag aus. Für die Landwirte könnte das zum Problem werden, sagt der Präsident des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Rukwied, der Bauerntag wird auch ein Schaulaufen von Spitzenpolitikern. Welcher Kanzler wäre gut für die Landwirte?

RUKWIED Für uns ist entscheidend, welche Angebote die Parteien für die Landwirtschaft machen, nicht ausschließlich die Person. Problematisch ist eher, dass viele profilierte Agrarpolitiker aus dem Bundestag ausscheiden werden und damit viel Verständnis für die Bauern verloren geht.

Gibt es dann noch eine Art „Bauernpartei“ im Bundestag?

RUKWIED Die gibt es schon lange nicht mehr. Alle Parteien beschäftigen sich in ihren Programmen mit der Landwirtschaft – die eine mehr die andere weniger. Für uns ist wichtig, dass Politiker ein wirtschaftliches und fachliches Verständnis für die Herausforderungen der Landwirtschaft mitbringen und sich für die Bauern einsetzen.

Die Grünen wollen in der Landwirtschaft wohl am meisten verändern. Sehen Sie das mit Sorge?

RUKWIED Keineswegs! Wir sprechen mit allen demokratischen Parteien und sind auch mit den Grünen im guten Austausch. Wir Bauern sind uns bewusst, dass es Veränderungen geben wird. Diesen Weg können wir aber nur mitgehen, wenn es eine Balance zwischen Ökologie und Ökonomie gibt. Bei aller Bereitschaft zur Veränderung muss allen bewusst sein: Wirklich zukunftsfähig ist unsere Landwirtschaft am Ende nur, wenn sie auch wettbewerbsfähig ist.

Was muss denn dringend anders werden in der nächsten Legislaturperiode?

RUKWIED Mit unseren Kernanliegen haben wir die wichtigsten politischen Forderungen vorgelegt. Es gilt, unter anderem, das DBV-Zukunftskonzept umzusetzen und die damit verbundene Grundgesetzänderung auf den Weg zu bringen. Ein weiteres Ziel muss sein, gemeinsame Produktionsstandards im Markt zu entwickeln, welche zu Erlösverbesserungen für unsere Landwirte führen. Außerdem müssen beim Klimaschutz die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft honoriert und deren besondere Rolle bei der Ernährungssicherung anerkannt werden.

Zuletzt ist schon vieles mit Geld gelöst worden, Stichwort Bauernmilliarde, Stichwort Insektenschutz…

RUKWIED Mit Geld kann man nicht alles lösen. An manchen Stellen hätten wir uns mehr Pragmatismus und weniger Ideologie in der Gesetzgebung gewünscht. Die jetzt zu Ende gehende Legislaturperiode brachte teilweise schmerzhafte, wirtschaftliche Einschnitte für uns Bauern. Die Nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist beispielsweise ein starker Eingriff in die bäuerlichen Einkommen. Das Insektenschutzpaket stellt den kooperativen Naturschutz in Frage, belastet die Bauern in Ihrer Wirtschaftlichkeit. Mit Verboten und Einschränkungen löst man keine Probleme.

Wo stehen die Bauern beim Klimaschutz?

RUKWIED Wir sind Emittenten und Betroffene zu gleich – aber auch Teil der Lösung. Danach handeln wir. Wir haben eine eigene Klimastrategie erstellt, mit der wir uns selbst Emissionsreduktionsziele setzen und eine Ackerbaustrategie, die eine eindeutige Veränderung hin zu noch mehr Nachhaltigkeit beschreibt.

Die Kanzlerin spricht zum letzten Mal beim Bauerntag. Wie fällt ihre Merkel-Bilanz aus?

RUKWIED Hier geht eine Ära zu Ende. Wir verlieren eine Kanzlerin, die unser Land durch einige Krisen geführt und unser positives Standing in der Welt geprägt hat. Deshalb sind wir wirklich sehr erfreut, dass Angela Merkel in der kommenden Woche auf unserem Bauerntag auftreten wird.

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