Erneute Diskussion Wer trägt die Kosten für die Diesel-Nachrüstungen?

Berlin · Politik und Verbände sehen die Autohersteller in der Pflicht. Die wollen bisher aber nur in ausgewählten Regionen zahlen.

 Für die Nachrüstung von VW-Diesel-Autos will Hersteller Baumot im Herbst neue Abgasreinigungs-Systeme auf den Markt bringen.

Für die Nachrüstung von VW-Diesel-Autos will Hersteller Baumot im Herbst neue Abgasreinigungs-Systeme auf den Markt bringen.

Foto: dpa/Marijan Murat

Nach der Zulassung weiterer Systeme für Hardware-Nachrüstungen älterer Diesel-Autos pochen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sowie das Kfz-Gewerbe und der ADAC auf mehr Zugeständnisse der Autoindustrie. Die Hersteller müssten den Einbau der Sets bezahlen, fordert Schulze.

Ähnlich äußert sich ADAC-Vizepräsident Karsten Schulze. Er verlangt mehr Sicherheit für Verbraucher bei den Kosten. „Es gilt nach wie vor: Die Verbraucher haben sich nichts zuschulden kommen lassen und dürfen nicht mit den Kosten belastet werden.“ Aus Sicht des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sollte die Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Dieselfahrzeugen von Autoherstellern flächendeckend gefördert und nicht auf Regionen begrenzt werden.

Bisher können nur bestimmte Diesel-Autos von Volvo, Daimler und Volkswagen wegen zu hoher Schad­stoffwerte nachgerüstet werden. Ende Juli war die erste Betriebserlaubnis für Nachrüstsysteme des Bamberger Technologie-Anbieters Dr Pley für verschiedene Volvo-Modelle erteilt worden. Es folgten Genehmigungen für Mercedes-Modelle. Am Donnerstag hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Betriebserlaubnis für Systeme des Technologie-Anbieters Baumot veröffentlicht. Diese umfasse Nachrüstsysteme für mehr als 60 Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns.

Die Systeme müssten nun möglichst schnell auf den Markt kommen, sagt Ministerin Schulze. Die Kosten für den Einbau müsse die Autobranche tragen, denn sie habe die Probleme verursacht. „Hier erwarte ich, dass die Hersteller, die bislang noch keine Zusagen gemacht haben, noch einmal in sich gehen.“

Ziel der Nachrüstungen ist es, dass Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 von Fahrverboten ausgenommen werden können. Die Umrüstungen am Motor sind Teil eines Maßnahmenpakets der Regierung für bessere Luft. Deutsche Autohersteller hatten sich nach langer Debatte auf Zuschüsse für Hardware-Nachrüstungen eingelassen. Sie favorisieren aber Software, um die Abgaswerte zu verbessern.

VW hatte wie Daimler zugesagt, seine Kunden in bestimmten Regionen bei der Hardware-Nachrüstung finanziell zu unterstützen. In den von der Bundesregierung festgelegten Intensivstädten seien bis zu 3000 Euro für die vom KBA genehmigten Nachrüstungen möglich, sagte ein VW-Sprecher. Über die genauen Rahmenbedingungen werde man in Kürze im Internet informieren. Auch Daimler will in „Schwerpunktregionen“ 3000 Euro dazugeben.

In Deutschland sind weit mehr als fünf Millionen Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 5 unterwegs. Wegen des hohen Ausstoßes von Stickoxiden (NOx) sind sie an vielen Orten von Fahrverboten bedroht. Der Deutsche Städtetag forderte zuletzt von der Autobranche mehr Tempo bei Abgas-Nachrüstungen.

Nachdem nun ein Nachrüstsystem für 60 Fahrzeugmodelle aus dem Volkswagen-Konzern freigegeben worden sei, könne die Nachrüstung endlich Fahrt aufnehmen, sagt ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. „Es macht aber wenig Sinn, die Förderung der Umrüstmaßnahmen auf die 15 Städte und deren Grenzregionen zu beschränken, die von Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden betroffen sind.“ Das führe zu einem regionalen Ungleichgewicht bei Handel und Verbrauchern. ­ADAC-Vizepräsident Schulze betonte, es gehe um Gesundheit und saubere Luft in Städten. Es gehe aber auch um den Erhalt der Mobilität für Dieselbesitzer. „Beides zusammen ist möglich und notwendig.“

„Wir planen, die ersten Systeme noch im Oktober 2019 auszuliefern“, sagte Baumot-Chef Marcus Hausser. Nach seinen Worten deckt die vom KBA erteilte Betriebserlaubnis (ABE) etwa 1,3 Millionen betroffene Autos aus dem Volkswagen-Konzern ab. „Weitere ABEs für Fahrzeuge auch anderer Hersteller werden wir in Kürze ebenfalls beantragen. Wir gehen davon aus, zeitnah für alle relevanten Volumenmodelle eine Nachrüstlösung anbieten zu können.“

(dpa)
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