Aus für den „Sonnenkönig“

Bonn · Frank Asbeck hat Solarworld durch Höhen und Tiefen gesteuert. Doch die Rettungsversuche blieben ohne Erfolg.

Jahrelang hat Solarworld-Chef Frank Asbeck gegen hohe Schulden, Millionenverluste und die Billigpreise der asiatischen Rivalen gekämpft. Nun gibt er auf. Am Mittwochabend kündigte Deutschlands größte Solarfirma mit knapp 3300 Beschäftigten einen Insolvenzantrag für den Mutterkonzern an. Auch für die Töchter werden entsprechende Schritte geprüft.

Das einstige Musterunternehmen der Energiewende ist am Ende. Solarworld sieht sich als Opfer des weltweiten Preissturzes bei Solarmodulen durch Dumping-Angebote vor allem chinesischer Hersteller. Enorme Überkapazitäten - gestützt von Staatsbanken in China - hätten die Preise irrational gedrückt, erklärte der Branchenverband EU Solar, in dem Solarworld eine wichtige Rolle spielt. Seit Mitte 2016 habe sich dieser Druck nochmals erhöht.

Dagegen hätten massive Senkungen der Solarworld-Produktionskosten in den vergangenen fünf Jahren und die Innovationen des Unternehmens am Ende nicht bestehen können - "ein bitterer Schritt", so Asbeck in einer Mitteilung. Heute will der Firmenchef wohl in einer Betriebsversammlung vor die Mitarbeiter treten.

Zwar gibt es EU-Schutzzölle gegen Dumping-Angebote aus China. Diese werden aber vielfach unterlaufen. Entweder schlicht durch illegalen Handel, wie Solarworld kritisiert, oder eleganter dadurch, dass die großen chinesischen Hersteller längst Fabriken in anderen asiatischen Ländern wie Vietnam oder Thailand aufgebaut haben.

Die Pleite ist der Endpunkt eines langen Siechtums. Sechs Jahre in Folge - seit 2011 - hatte Solarworld real rote Zahlen erwirtschaftet. Schon 2012 rutschte das Eigenkapital nach Rekordverlusten von mehr als 600 Millionen Euro in den Minusbereich.

Der findige Geschäftsmann Asbeck, zu dessen Stärken die Überzeugungskraft im Direktkontakt zählt, wusste seine Firma aber zunächst trotz hoher Schulden zu retten. Er brachte einen Schuldenschnitt durch, bei dem die Gläubiger auf 60 Prozent ihres Geldes im Tausch gegen Aktien verzichteten. Die Anteilseigner mussten sogar 95 Prozent des Aktienwertes abschreiben. Zugleich brachte ein Investor aus Katar neues Geld. Doch die Gewinne, die Asbeck für 2019 in Aussicht gestellt hat, blieben unrealistisch.

Fachleute sehen neben der Asien-Konkurrenz auch hausgemachte Fehler bei Solarworld. Das Unternehmen habe zu spät - nämlich erst zu Beginn dieses Jahres - mit einem Sparprogramm auf die schrumpfenden Erträge reagiert. Da fehlte aber bereits das nötige Geld für einen Umbau: Ende 2016 lag das Eigenkapital der Konzernmutter nur noch bei 2,6 Millionen Euro.

Verlierer der Pleite sind vor allem die rund 3000 Beschäftigten des Bonner Unternehmens. Alleine am Produktionsstandort im sächsischen Freiberg sind 1200 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betriebsrat in Freiberg ist vom geplanten Insolvenzantrag kalt erwischt worden. "Wir sind alle mit der Situation ein Stück weit überfordert", sagte Betriebsratschefin Anke Martin-Heede. Sie habe von der Entscheidung am Mittwochabend im Auto erfahren: "Wir haben das ja noch nicht erlebt. Der Insolvenzverwalter bestimmt nun, wie es weitergeht."

Götz Fischbeck vom Solar-Beratungshaus Smart Solar Consulting sieht auch negative Folgen für die Solar-Forschung. Den deutschen Hochschulen und Fraunhofer-Instituten gehe mit Solarworld ein wichtiger Industriepartner verloren, sagt er.

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