Erste nationale Luftfahrtkonferenz Kanzlerin Merkel stützt die deutsche Luftfahrt

Leipzig/Berlin · Auf der ersten nationalen Luftfahrtkonferenz stärkt Angela Merkel der gescholtenen Flugbranche den Rücken, verspricht aber wenig Konkretes.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte auf der Luftfahrtkonferenz, die Branche müsse zeigen, dass Wachstum nicht immer mit mehr klimaschädlichen Emissionen verbunden ist.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte auf der Luftfahrtkonferenz, die Branche müsse zeigen, dass Wachstum nicht immer mit mehr klimaschädlichen Emissionen verbunden ist.

Foto: dpa/Jan Woitas

Die Kanzlerin trifft im Leipziger Flughafen-Hangar der DHL auf der ersten nationalen Luftfahrtkonferenz genau den Ton, den viele in der Luftfahrtindustrie von ihr erwartet haben. „Wir wollen keine erzwungenen Einschränkungen unserer Mobilität“, sagt Angela Merkel (CDU) und beginnt, ihre damit verbundenen Anforderungen an die Luftverkehrsbranche zu formulieren.

Es gebe zunehmende Kritik gerade an der Frage des Flugverkehrs, stellt die Regierungschefin in Zeiten von „Fridays for Future“ fest. „Umso wichtiger ist es, dass die Branche zeigen kann, dass Wachstum nicht immer mit mehr Wachstum klimaschädlicherer Emissionen verbunden ist.“ Es müsse eine Entkopplung erreicht werden.

Während Greenpeace, der BUND und Fluglärmgegner deutliche Einschränkungen im Flugverkehr verlangen, wollen Branche und Regierung mit ihrer „Leipziger Erklärung“ dem Publikum einen Weg zum klimafreundlichen Luftverkehr nahebringen. „Wir sind in einer Bringschuld, den Luftverkehr nachhaltig zu organisieren“, sagt der Präsident des Flughafenverbandes ADV, Stefan Schulte. Merkel verweist auf 850 000 Arbeitsplätze und die Bedeutung des Sektors für die Exportnation.

Vor dem Hangar sind jedoch nur erste zarte Ansätze einer emissionsfreien Zukunft zu sehen, die nun stärker gefördert werden sollen. In der zweimotorigen Maschine vom Typ „Do 228 Electric Flight Demonstrator“ will das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) alternative Antriebe testen: Zunächst einen batteriebetriebenen Elektromotor, mittelfristig eine Gasturbine zur laufenden Stromproduktion und schließlich ein Triebwerk mit synthetischen Kraftstoffen. Ein Problem bei der Batterie: Bei vergleichbarer Energie wird derzeit das 70-fache Gewicht und Volumen von Kerosin benötigt – Platz, der in keinem Verkehrsflugzeug vorhanden ist.

„Auf der Langstrecke können wir langfristig nicht auf Kohlenwasserstoffe verzichten“, sagt daher der Airbus-Manager und Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, Klaus Richter. Wo heute noch fossiles Kerosin verbrannt wird, könnte bald auch synthetischer Kraftstoff eingesetzt werden. Beimischungen zum fossilen Kerosin sind längst erprobt und genehmigt. Das Problem: Bislang stehen selbst im weltweiten Rahmen nur geringste Mengen des klimaneutralen Treibstoffs zu noch sehr hohen Preisen zur Verfügung. Merkel ficht das nicht an: „Das war bei jeder Technologie so, dass es am Anfang teuer ist.“ Manfred Aigner, Direktor des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik, mahnt zur Geduld: „Für eine industrielle Produktion von vielen Tonnen klimaneutralen Kerosins wird es sicher noch zehn Jahre dauern.“

Während der kommenden EU-Präsidentschaft will Deutschland eine industriepolitische Initiative starten und zudem einen neuen Anlauf zu einem einheitlichen Luftraum über Europa nehmen. „Weil Passagierflugzeuge in Europa Umwege fliegen müssen, verbrauchen sie bis zu zehn Prozent mehr Kerosin. Die Umsetzung eines Single European Sky wäre eine echte Klimaschutzmaßnahme“, sagt Lufthansa-Chef Carsten Spohr.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will das komplette Aufkommen der Luftverkehrsteuer von rund einer Milliarde Euro pro Jahr gezielt in die Forschung zu den neuen Luftfahrttechnologien investieren. Das Geld fließt bislang ohne Zweckbindung in den Bundeshaushalt. Der CSU-Politiker denkt in diesem Zusammenhang sogar über eine höhere Ticketsteuer nach, zu der die Branche bereit sein könnte, wenn dafür mehr Geld in die Aero-Forschung fließt. Spohr reagierte kritisch. Die Frage sei, wie viel mehr Ungleichheit die deutsche Luftverkehrsbranche im internationalen Wettbewerb vertragen könne: „Der eine muss es zahlen, der andere nicht.“

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) signalisierte Unterstützung für den Vorschlag, Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer für Klimaschutz zu verwenden, meinte aber zugleich: „Der Finanzminister sitzt auf der Kasse.“

Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle mahnte die Branche, auch an die sozialen Aspekte des Luftverkehrs zu denken. „Ein Ticketpreis von 9,90 Euro deckt weder Steuern noch Gebühren. Es muss jedem klar sein, dass die Beschäftigten dafür den Preis bezahlen“, sagte die Gewerkschafterin.

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