Öffentlicher Nahverkehr Arbeitgeber machen Verdi im Busstreit schwere Vorwürfe

Saarbrücken · Der Tarifkonflikt im saarländischen Busgewerbe spitzt sich zu. Die Arbeitgeber beklagen eine Krawall-Strategie der Gewerkschaft Verdi.

 Im September hatte es einen eintägigen Warnstreik in den kommunalen Betrieben gegeben. Daran beteiligten sich auch Mitarbeiter der KVS in Saarlouis.

Im September hatte es einen eintägigen Warnstreik in den kommunalen Betrieben gegeben. Daran beteiligten sich auch Mitarbeiter der KVS in Saarlouis.

Foto: Barbara Scherer

Legt es Verdi auf einen Busfahrerstreik in kommunalen und privaten Betrieben an, der den öffentlichen Nahverkehr im ganzen Saarland lahmlegt? Diesen Verdacht hat Barbara Beckmann-Roh, die Geschäftsführerin des Kommunalen Arbeitgeberverbands Saar (KAV). Sie vertritt im Tarifstreit die vier kommunalen Verkehrsbetriebe im Land: die Saarbahn in Saarbrücken, die KVS Saarlouis, die NVG Neunkirchen und die VVB Völklingen. Am Donnerstag waren die Tarifgespräche vorerst gescheitert (wir berichteten). Die Gewerkschaft hatte daraufhin mit Urabstimmung und einem unbefristeten Streik gedroht.

Beckmann-Roh wirft Verdi vor, mit immer neuen Forderungen die Verhandlungen belastet und zum Scheitern gebracht zu haben. So habe zum Beispiel der Verband zugestanden, das Weihnachtsgeld zu verdreifachen und von einem Festbetrag auf eine prozentuale Regelung umzustellen. Und dann wurde plötzlich das Doppelte verlangt. „Das geht nicht, dass man sich jedes Mal etwas Neues einfallen lässt.“ Verdi-Verhandlungsführer Christian Umlauf hatte gesagt, eine Einigung sei nahe gewesen. Die Positionen lägen nur um 18,50 Euro pro Mitarbeiter und Monat auseinander. „Wo er die Zahl her hat, kann ich mir nicht erklären“, sagt Beckmann-Roh. Die Differenz in der Verhandlung zum Manteltarifvertrag, der Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten, Lohngruppen und Zuschläge regelt, sei viel größer. „Wir haben uns in jeder Runde bewegt“, aber Verdi sei kein Angebot genug. „Wir haben den schlechtesten Tarifvertrag in ganz Deutschland – bezogen auf die kommunalen Unternehmen, sagt dagegen Umlauf. Man gebe sich nicht mit kleinen Verbesserungen zufrieden. „Der Beruf Busfahrer muss für das Personal endlich attraktiver werden“ in punkto Gehalt und Arbeitsbedingungen – von Arbeitszeiten bis Urlaubsgeld. Nun droht ab dem 5. November ein großer Arbeitskampf.

Der könnte kurz darauf, nach dem 7. November, auch die private Busbranche treffen, so dass der gesamte Busverkehr nahezu zum Erliegen kommen könnte. Verdi will Sonntag darüber entscheiden, ob kommende Woche die Urabstimmung beginnt. Für den 7. November ist zwar erst eine Sondierung angesetzt, trotzdem droht Verdi unmittelbar darauf mit einem Ausstand, sollte das Gespräch ergebnislos bleiben. Auslöser sei das gegen die Gewerkschaft gerichtete Verhalten der Arbeitgeber. So böten einige Betriebe ihren Busfahrern Prämien, wenn sie im Streikfall fahren. Auch würden Busfahrer aufgefordert, die Gewerkschaft zu verlassen, sagt Verdi-Verhandlungsführer Christian Umlauf. Hans Gassert, der Vorsitzende der Fachvereinigung Omnibusverkehr im Landesverband Verkehrsgewerbe, hält solche Prämien für legitim: Schließlich „tut ein Streik den Unternehmen weh“. Für genauso berechtigt hält es Gassert, dass Betriebe unter den Fahrern „für unsere Gewerkschaft GÖD Werbung machen“. Die Arbeitgeber haben nur mit der kleinen GÖD einen Tarifvertrag und sehen bislang keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Denn Verdi-Verhandlungsführer Umlauf bekämpfe die privaten Busbranche, sagt Gassert.

Unterdessen werben die Agentur für Arbeit und die Jobcenter verstärkt für die Fahrerberufe im Güter- und Busverkehr. Denn derzeit müssten Unternehmen damit rechnen, dass sie im Durchschnitt sechs Monate brauchen, um eine freie Stelle zu besetzen, teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit mit. Im September waren demnach 40 freie Stellen für Bus- und Straßenbahnfahrer gemeldet sowie 290 für Berufskraftfahrer. „Diesen Engpass haben wir erkannt und entsprechend reagiert“ – unter anderem mit Qualifikationsangeboten, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion. Daran hätten in diesem Jahr bereits 200 Personen teilgenommen.

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